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Demnächst durch den Prater
Eine Mischung aus überschäumender Lebensfreude und erholsamer Beschaulichkeit wie selten sonst wo ln der Welt: das ist der Wiener Prater.
Eine Mischung aus überschäumender Lebensfreude und erholsamer Beschaulichkeit wie selten sonst wo ln der Welt: das ist der Wiener Prater.
Doch tief drunten iim Prater, beim Heustadlwasser, ist es mit diesem Idyll jetzt vorbei. Dafür bietet sich für jene Spezies von Wiener, die es regelmäßig zu Spaziergängen in den Prater zieht, eine Aufregung. Plötzlich stehen sie vor einer breiten Schneise, die sich über die Hauptallee hinwegzieht und den Blick freigibt bis zur Donau. Hier wächst eben ein neuer Wald von V-förmigen Betonsäulen empor.
Mächtige Schilder verkünden, daß an dieser Stelle vom Bautenministerium eben die Nordostautobahn gebaut wird. Indessen nähert sich nach knapp eineinhalb Jahren Bauzeit die vierte Wiener Donaubrücke der Vollendung. Über den Strom hinweg haben sich die Stahlkolosse der Brücke bereits bis auf wenige Meter genähert. Die letzte Lücke wird voraussichtlich Ende Oktober oder Anfang November geschlossen sein.
Das ist ein Rekord, den die moderne Technik hier aufgestellt hat. Denn man gewann Zeit und sparte Kosten, indem man auf jedes stützende Gerüst verzichtete. Nur vom Kran gehalten, wurden Stahlteile von dreißig Tonnen Gewicht montiert, auf denen sich die Techniker systematisch über den Strom tasteten. Die vierte Donaubrücke ist 1003 Meter lang und über das Inundationsgebiet hinweg bis zum Donauufer aus Stahlbeton erbauit. Der Brückenteil über den Strom besteht aus Stahl und wiegt beachtliche 5000 Tonnen. Mit sechs Fahrstreifen, die durch einen Mittelstreifen getrennt sind, wird sie auch dem Verkehrsgeschehen kommender Jahrzehnte spielend gewachsen sein. Sechzigtausend Kraftfahrzeuge im Tag vermag sie reibungslos aufzunehmen.
Die vierte Donaubrücke wird vor allem die Reichsbrücke entlasten, die heute mit über vierzigtausend Fahrzeugen im Tag weit überfordert ist, und die neuen Siedlungsgebiete nördlich der Donau mit der Stadt verbinden.
Wiens erste wirklich große Stadtautobahn soll das neue Wien nördlich der Donau mit der Südautobahn verbinden. Diese Strecke wird rund 12 km lang sein und in zwei Etappen errichtet werden.
Der zweifellos spektakulärere Abschnitt beginnt mit der vierten Donaubrücke am Kaisermühlendamm, führt über die „Stelzenstrecke” durch den Prater zum Donaukanal, der von einer ebenfalls bereits in Bau befindlichen Brücke mit 10 Fahrstreifen übersetzt wird.
Alles soll bis zum Herbst 1970 fix und fertig sein.
Von der anderen Seite wird vom derzeitigen Ende der Südautobahn vom Knoten Triesterstraße die Autobahn bis zur Favoritenstraße gediehen sein. In diesem Abschnitt bildet ebenfalls eine mächtige, nahezu fertiggestellte Brücke von 1000 Meter Länge, die wegen ihrer unzähligen Pfeiler den Spitznamen „Tausendfüßler” verliehen erhielt, das Schlüsselbauwerk.
Das Zwischenstück von der Favoritenstraße über den Gürtel, St. Marx, zum Donaukanal ist in der Planung bereits fertig, wegen des dichten Siedlungsgebietes jedoch mit großen bautechnischen Problemen belastet. Dennoch soll auch diese Lücke bis 1972/73 geschlossen sein. Uber größere Distanzen wird die Autobahn hier als Hochstraße geführt werden, was mit der dichten städtischen Verbauung dieses Gebietes und dem inneretädtischen Straßennetz zusammenhängt.
Das Bautenministerium hat für Wien ein großzügiges, innerstädtisches Autobahnnetz im Konzept fertig. Größte Chancen hat zunächst die Ostautobahn vom Knoten St. Marx bis zum Flughafen Schwechat. Der gesamte Gürtel wird eine Autobahn- strecke werden, wobei die derzeitigen Straßen bestehen bleiben werden.
Die Gürtelautobahn mündet ihrerseits in die Nordautobahn ein, deren erstes kurzes TeiLstück, entlang dem Donaukanal und mit der Nordbrücke über die Donau hinweg, derzeit bei der Pragerstraße endet. Projektiert wird überdies gerade eine Verbindung von der Nordbrücke über den Kaisermühlendamm zur Umfahrung Korneuburg—Stockerau, die seit wenigen Tagen in Betrieb ist.
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