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Recht auf blauen Himmel
Soviel über die Verbesserung der Umwelt auch geredet wird, die Aktion einer amerikanischen Stadt, die zum Modellfall werden könnte, blieb fast unbemerkt. Pittsburgh in Pennsylvanien war in den vierziger Jahren eine schmutzige Industriestadt. Schwarzer Rauch von den Hochöfen der Stahlwerke zwang die „Stahlhauptstadt der Welt“, wie sie sich selbst gerne nennt, oft schon mittags, die Straßenbeleuchtung einzuschalten.
Dann gaben Geschäftswelt, Stadtverwaltung und Lehrer ein Beispiel der Zusammenarbeit. Freiwillig wurden Millionen Dollar Investiert, um Pittsburgh wieder einen klaren Himmel zu schenken. Zum erstenmal wurde ein neues Konzept der Städteerneuerung versucht, indem die Lokalbehörden ein verunreinigtes Gebiet Privatunternehmern zur Sanierung übergaben.
Die Verjüngung begann dort, wo der Monongahela und der Allegheny River sich zum Ohio vereinigen, an jener Stelle, wo 1758 die Stadt gegründet wurde. 24 Hektar Slumge-biet wurde mit Bulldozern eingeebnet. Ein 15 Hektar großer Park entstand. Auf dem verbleibenden Areal wurde Gateway-Center gebaut, ein 200-MiUionen-Dollar-Komplex aus zehn Hochhäusern, als erstes amerikanisches Städteernerungsprojekt von privater Seite (von einer Versicherungsgesellschaft) finanziert. Die Neubauten und Grünflächen hatten auf den übrigen 116 Hektar des „Goldenen Dreiecks“, wie die Pittsburgher Innenstadt genannt wird, eine verstärkte Bautätigkeit zur Folge. 1970 war bereits ein Drittel der Innenstadt durch 65 Neubauten oder von Grund auf renovierte Gebäude erneuert
Als sich die Silhouette Pittsburghs veränderte und der blaue Himmel über der Stadt wieder sichtbar wurde, begann die Erneuerung der Stadt auch wirtschaftliche und kulturelle Früchte zu tragen. Große Firmen, die bereits erwogen hatten, die Hauptquartiere ihrer Niederlassungen in Gegenden mit reinerer Luft zu verlegen, blieben wo sie waren und verstärkten Ihre örtlichen Investitionen. Über tausend neue Arbeitsplätze wurden in den letzten Jahren geschaffen. Neue Straßen, Spitäler und Universitäten wurden gebaut. Nach 30 Jahren entstand in der Innenstadt erstmals wieder ein neues Hotel. Auch wurde die Innenstadt zum Kunstzentrum und Anziehungspunkt für Touristen.
„Man kann kaum glauben, daß dieses Gebiet vor 20 Jahren nur ein schmutziges Sluiruviertel war“, sagte der Bürgermeister von Pittsburgh, Joseph M. Barr, bei der Einweihungsfeier für den zuletzt fertiggestellten Komplex des Gateway-Center. Stolz wies er auf den danebenliegenden Park. „Pittsburgh ist ein leuchtendes Beispiel dafür, was man durch Ideen und Entschlossenheit erreichen kann. Das .Goldene Dreieck' ist ein Geschenk für die Pittsburgher Bevölkerung, die erkannt hat, daß ihr blauer Himmel und grünes Gras ebenso zustehen wie ihre fundamentalen Rechte als Staatsbürger.“
Wo die Bewohner der seinerzeit geschleiften Slums geblieben sind, wurde bei. dieser feierlichen Gelegenheit freilich nicht gefragt. Ob sie in den schönen neuen Bauten wohnen?
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