7136023-1997_46_30.jpg
Digital In Arbeit

Der andere Impressionist

Werbung
Werbung
Werbung

Fröhliche . Sommerbeschwingt -heit atmen seine Sommerabende an der Alster, die menschenbelebten Kaffee- und Biergärten. Die Tennis- und Polospieler auf seinen Bildern vermitteln Freude an der Bewegung. An den trabenden Pferden am Meeresstrand oder den vorbeiflitzenden Bennern in den flo-rentinischen Cascinen vermeint man deren behende Leichtigkeit zu spüren. Und meisterhaft gemaltes Wasser umspült seine badenden Knaben - man glaubt die Zurufe der Buben zu hören.

Dem deutschen Impressionisten Max Liebermann widmet das Jüdische Museum in Wien bis 18. Jänner eine Ausstellung anläßlich dessen 150. Geburtstages. Die Schau konzentriert sich auf das Schaffen der Jahre 1900 bis 1918 und umfaßt Gemälde, Arbeiten auf Papier und eine Weine Fotodokumentation. Thematisch spiegelt sich in Liebermanns Bildern auch der glanzvolle wirtschaftliche und kulturelle Aufbruch I Deutschlands wider, in dem das jüdische Großbürgertum, dem Liebermann entstammte, eine maßgebliche Rolle spielte.

Der 1847 in Berlin Geborene übersiedelte nach Studienjahren in Weimar und Düsseldorf 1873 nach Paris, wo er sich von den Impressionisten das Malen in der Natur aneignete. „Nicht besser, nicht schlechter, nur anders”, urteilte Liebermann selbst

über seine Arbeiten neben denen der französischen Impressionisten. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt ki München (sein dort entstandener „Zwölfjähriger Jesus im Tempel” beschäftigte auch den Bayerischen landtag) kehrte er in seine Heimatstadt Berlin zurück.

Im noblen Palais Liebermann am Pariser Platz und später in seiner Villa am Wannsee bestimmte er maßgebend die Entwicklung der Moderne in Deutschland mit. Liebermann war Gründungspräsident der Berliner Se-cession und ab 1920 Präsident der deutschen Akademie der Künste und avancierte zum gefragtesten Maler des liberalen Bürgertums. In der Ausstellung geben etwa die Bildnisse von Alfred Freiherr von Berger oder des Chirurgen Sauerbruch eindrücklich davon Zeugnis.

Hatten in seinem frühen Schaffen unpathetische Darstellungen von Menschen und ihrer Arbeitswelt im Vordergrund gestanden, veränderten sich seine Bildthemen hin zur Darstellung bürgerlicher Freizeitvergnügungen, zu Landschafts- und Gartenmotiven. Er selbst brachte es zu einer beachtlichen Sammlung von Werken der Impressionisten, von denen im Jüdischen Museum unter anderem Edouard Manets intensiv strahlendes „Spargelbündel” und Auguste Re-noirs geradezu atmosphärisch duftende „Blumen im Gewächshaus” zu sehen sind.

Politisch bedingt legte er, der sich

„sein ganzes Leben als Deutscher gefühlt hatte”,-1933 das Ehrenpräsidium der Akademie zurück und starb; vereinsamt am 8. Februar 1935. Seine Witwe Martha entzog sich 1943 der Deportation durch Selbstmord. Für die diesjährigen Jüdischen Kulturwochen stelltdie Liebermann-Ausstellung zweifellos den Höhepunkt dar. Darüber hinaus möchte ein ehrgeiziges Musikprogramm neue Aspekte jüdischer Kultur präsentieren. „Natürlich gibt es einen ewigen Bedarf an Klezmer-Musik”, sagt Edek Bartz, der für die musikalischen Veranstaltungen Verantwortliche. „Aber wir wollen wichtige Entwicklungen in der internationalen jüdischen Kultur sowohl der jüdischen Bevölkerung als auch den NichtJuden nahebringen. Ein Abend mit Lyrik aus Israel von Bonny Someck, der vom New Yorker Klangkünstler Elliott Sharp begleitet wird („Revenge of a Shuttering Child”, 18. November, Odeon) geht auf eine Idee von uns als Veranstaltern zurück und ist in New York als CD bereits ein toller Erfolg geworden.”

Das zweite herausragende musikalische Ereignis sei der Auftritt des amerikanischen Sänger-Schriftstellers Ben Sidran mit seiner Band („Life's a Lesson”, 11. November, Odeon), bei dem der Künstler, inspiriert von einer jüdischen Neujahrsfeier, den mehr als 3.000 Jahre alten jüdischen Liedern ein modernes musikalisches Gewand zu geben versuche. „So etwas hat es bisher im Judentum - zum Unterschied etwa von den christlichen Kirchen - bisher nicht gegeben”, sagt Bartz.

Einer der größten Erfolge der noch bis 27. November dauernden Jüdischen Kulturwochen ist immer das abschließende Fest, heuer eine Hochzeit („Chassene”, 27. November, Jüdisches Gemeindezentrum), das jetzt schon ausverkauft ist. Mit koscherem Essen, Erzählungen von Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und der Budapester Klezmer Band verlaufe dort alles ganz traditionell, zumeist seien achtzig Prozent der Teilnehmer NichtJuden. Auch das heuer zwischen 4. und 9. November stattgefundene Gastspiel des Jiddischen Theaters Tel Aviv fand vor allem bei älteren, noch jiddisch sprechenden Juden regen Zuspruch. Edek Bartz: „Uns geht es vor allem darum, die weltweit starke Dynamik in der jüdischen Kultur mehr bewußt zu machen.”

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung