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König Frust ist der Sieger
Mit demokratiepolitischen und sozialen Phrasen ist von den Parteien in Ostdeutschland kein Staat zu machen. Wer das rechtzeitig erkannte, und Kurt Biedenkopf sowie Manfred Stolpe als „populistische“ Persönlichkeiten haben das getan, konnte und kann bei Wahlen reüssieren. Dabei ist das Vertrauen, das auch diesen beiden überragenden Siegern der Landtagswahlen in Brandenburg beziehungsweise Sachsen entgegengebracht wird, relativ dünn. Denn 42 Prozent in Sachsen und 44 Prozent der Wahlberechtigten in Brandenburg (absolut 1,5 Millionen beziehungs- wiese 850.000) gingen erst gar nicht zur Wahlurne.
Die Ostbürger, von denen vier Jahrzehnte hindurch nur höchst- rrozentige Zustimmung zum Ein- teitskurs der allmächtigen Ein- leitspartei verlangt wurde, die somit zum reinen Stimmvieh degradiert waren, können auch unter veränderten Verhältnissen einer Wahl nicht viel abgewinnen. Wer in den Alltagsüberlebenskampf verstrickt ist, wer Chancen nicht zu Hause, sondern fünf Jahre nach der Wende nur im Westen sieht, wem nach Erwerb eines teuren Autos und nach •Befriedigung erster Konsumbedürfnisse mit der Arbeit die Zukunft abhanden gekommen ist, der kann der gebotenen Politik nicht viel abgewinnen. Deswegen glaubt ein geringer, im Vergleich zu anderen Parteien jedoch hoher Prozentsatz denjenigen, die sich zuerst an den Aufbau der nächsten Lebenswelt der Ostbürger gemacht haben: zwei starke Persönlichkeiten, nicht die Parteien SPD oder CDU, haben daher am vergangenen Sonntag in Ostdeutschland gesiegt. An einem breiten Mitbestimmungsrecht sind die sächsischen und brandenburgischen Wähler momentan nicht interessiert. Geschickt verstehen es die Reformkommunisten der PdS, jenen Protestwählerstamm hinter sich zu versammeln, der genügt, um Morgenluft auch für die Bundestagswahl am 16. Oktober zu wittern. Es ist nicht selten die politisch alternativ denkende Intelligenz, die sich der Lothar-Bisky- Partei zuwendet.
In Sachsen jubelt man jetzt „König Kurt“ zu. Überblickt man die Wahlen vom Sonntag jedoch nüchtern, dann hat eigentlich „König Frust“ gesiegt.
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