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Diktatoren stürzen — was nun?

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Wieder einmal wanken, stürzen Diktatorenthrone. Der selbsternannte „Präsident auf Lebenszeit“ Haitis, Jean Claude Duva-lier, hat sich bereits Hals über Kopf ins weich ausgepolsterte Exil begeben, bevor die Lynchjustiz der aufgebrachten Massen nach ihm selbst griff. Sein Kollege Fernando Marcos in Manila versucht noch mit allen Machtmitteln seines Regimes, zu verhindern, was offenbar kaum mehr zu verhindern ist.

Diktatoren, in der Karibik und im Pazifik nicht anders als in Lateinamerika, leben auf dem Schleudersitz, der irgendwann einmal auch ausgelöst wird. Das haben vor den nun fälligen Potentaten schon Anastazio Somoza in Nikaragua, Jorge Videla in Argentinien, Giorgios Papadopou-los in Griechenland zur Kenntnis nehmen müssen. Zum Unterschied von jenen „Kollegen“ andernorts, die sich weniger auf humanere Methoden als auf eine andere Schutzmacht zu stützen wissen.

In Haiti diesmal waren die Amerikaner die ersten, die dem überfälligen Diktator den Tritt gaben. Auf den Philippinen muß sich offenbar die Uberzeugung erst durchsetzen, daß die Zeit abgelaufen ist und alle wirtschaftlichen und strategischen Interessen nicht mehr ausreichen, ein korruptes und überlebtes Regime aufrechtzuerhalten.

Denn hier wie oft genug vorher zeigt sich, daß eine zu lange anhaltende Unterstützung diktatorischer Herrschaften, die Duldung eklatanter Ungerechtigkeiten, das Wegsehen bei unzumutbaren Menschenrechtsverletzungen gerade jene Kräfte stärkt und herbeiruft, die man aus jenen Regionen fernhalten wollte: die Kommunisten und ihre Schutzmacht in Moskau, das zeigte sich einst in Kuba, später in Nikaragua. Ist man klüger geworden in Washington? Hat man aus diesen Fällen wirklich schon die richtigen Lehren für die Bewältigung der gar nicht so seltenen Probleme ähnlicher Art gezogen?

Man wird aber auch lernen müssen, daß freie Wahlen allein noch nicht genügen, einen Gewaltherrscher abzulösen; daß der Sturz eines Diktators sehr leicht erst recht im Chaos münden kann. Gerade j etzt wird es auf die richtige Hilfe ankommen, um den betroffenen Ländern bessere Zeiten zu bringen.

Aber noch etwas: In Haiti haben kirchliche Organisationen die Protestdemonstrationen eingeleitet, auf den Philippinen haben sie das Rückgrat der Wahlorganisation der Opposition gestellt. Kardinal Jaime Sin machte sich zum Sprecher des Widerstandes gegen den Diktator. Kirche auf der Seite der Unterdrückten, ohne Gewehre und Anleihen bei Karl Marx.

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