Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Diskriminiert?
Ob Ehe und Familie in der Verfassung verankert sein sollen oder nicht, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Vieles steht nicht in der Verfassung und wird doch ernstgenommen. Die Diskussion darum aber hat gezeigt, wie schutzbedürftig Ehe und Familie sind.
Als Gegenargument wurde immer gebracht, daß sonst andere Zweierbeziehungen diskriminiert würden. Bundeskanzler Franz Vranitzky sagte in seiner Antrittsrede als neuer Parteichef: „Die überwiegende Anzahl der Menschen erachtet Ehe und Familie als die für sie wichtigste Form des menschlichen Zusammenlebens. Andere entscheiden sich für andere Formen. Wir haben uns längst entschieden, zwischen den einzelnen Formen keine Diskriminierung zuzulassen, und wir werden diese Entscheidung nicht revidieren.“
Diskriminieren heißt herabwürdigen. Wenn man ein Ideal ausruft, würdigt man damit wirklich alle herab, die solches nicht wollen oder können? Wenn ja, dann gibt es keine Erziehung nach Werten mehr. Politiker dürften auch nicht zu Solidarität; Humanismus, Toleranz und Leistung aufrufen, weil sie damit gleichfalls alle diskriminieren, die solchem nicht geneigt sind.
Diskriminieren kann aber auch heißen: etwas unterschiedlich behandeln. In unserem Fall wird man doch wohl noch einen Unterschied sehen dürfen zwischen aufrechten Ehen und vorübergehenden Beziehungen, zwischen Zeugung und Erziehung von Kindern innerhalb einer Ehe oder ganz bewußt außerhalb, oder gar zwischen Partnerschaften von Mann und Frau und solchen von Männern oder Frauen.
Ehe und Familie werden heute nicht selten fast verächtlich unter die konservativen Werte eingereiht. Junge Leute werden finanziell benachteiligt, wenn sie früh, etwa schon während des Studiums, heiraten. Kinderreiche Familien kommen sehr bald an die Armutsgrenze. Verwitwete Rentner heiraten nicht, um ihre Rente nicht zu verlieren. Und wer heute in Krisenfällen sich redlich müht, die Ehe nicht scheitern zu lassen, wird eher belächelt. Der Weg zum Scheidungsrichter gilt als „normal“.
Was wird heute also diskriminiert? Nicht die anderen Formen menschlichen Zusammenlebens, sondern viel eher Ehe und Familie selbst. Und darum müßte man diese auf vielfache Weise schützen, auch durch die Hereinnahme in die Verfassung, wie es ja im Koalitionsübereinkommen ausgemacht war. A ber nicht nur, wie einige meinen, gleichwertig neben anderen Formen der Partnerschaft, sondern als die anzustrebende, ideale Form.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!