Beten und Tun des Gerechten

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Mit neuer Sprache einen weg aus der Verzweiflung finden.

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Mit neuer Sprache einen weg aus der Verzweiflung finden.

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Nur die Hoffnung kauert erblindet im Licht.
Lös ihr die Fessel, führ sie
die Halde herab, leg ihr
die Hand auf das Aug, daß sie
kein Schatten versengt!

Wie schmerzwahr sind die Worte der in diesen Tagen vor 50 Jahren verstorbenen Dichterin Ingeborg Bachmann. Den Weg durch den nie endenden Krieg weiß sie. Wir sehen zurzeit in einem dunklen Spiegel ein so dunkles Bild. Der Theologe Rolf Schieder spricht von der „Universalität religiös motivierten Terrors“. Aber auch davon, dass dieselbe Religion, die mächtige Akte der Zerstörung motiviere, zugleich „ein enormes Leistungsvermögen in Bezug auf Heilung, Wiederherstellung und Hoffnung“ habe.

Das ermutigt. Welcher Weg führt aus dem Verzweiflungsschlund? Es ist die neue Sprache. Die Herkunft und die Sprache der falschen Übereinkunft müssten wir vergessen und in einer neuen Sprache reden und neu denken, weil die alte Sprache „all unser Unglück bereitet“.

Keine neue Welt ohne neue Sprache, weiß die Dichterin. Aber wie finden wir die neue Sprache? Jetzt? Unser Christsein würde heute nur in zweierlei bestehen, „im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen“, schlug Dietrich Bonhoeffer vor zu seiner Zeit. Das hält der Wirklichkeit stand.

Die Kirche müsse ein „Feldlazarett sein, wo die Wunden – körperliche, soziale, psychologische und spirituelle – verbunden und geheilt werden“ sagte der katholische Theologe Tomáš Halík auf der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes; die gesamte Christenheit stünde „an der Schwelle zu einer neuen Reformation“. Selbst-Transzendenz wäre ein solcher Beginn einer neuen Reformation. Ja, „im Beten und Tun des Gerechten“, glaube ich von ganzem Herzen, wie für seltene Augenblicke die Dichterin, dass so unsere Liebe aufkommt und ein Wirbel entsteht wie vor dem ersten Schöpfungstag.

Die Autorin ist evangelische Pfarrerin i.R

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