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Grüne Krisen
Wenn wir den Niedergang der Grünen beobachten wollen, können wir uns gegenseitig über den Zaun schauen. In der Bundesrepublik kriselt es bei denen fast überall, und in Österreich bröselt es bereits. Viele haben ja gleich prophezeit: ,JDie Grünen sind ein totgeborenes Kind, das sich im Sande verlaufen wird.“ Werden sie recht bekommen?
Was den Bereich der Parteipolitik und der parlamentarischen Vertretung anbelangt, haben die Grünen wohl den Höhepunkt ihres kurzen Erfolges bereits überschritten. Soll man deshalb Schadenfreude zeigen?
Die Grünen sind ja in unseren Ländern mit sehr viel berechtigtem Protest angetreten: Gegen die Wachstums-Ideologie der Wohlstands-Gesellschaft, gegen rücksichtslose Umweltverschmutzung und hemmungslosen Naturverbrauch,gegen den Wahnsinn des Wettrüstens und gegen die zynische Ausbeutung der Dritten Welt, gegen die selbstgemachten „Sachzwänge“ und gegen die arrogante, bürgerferne seelenlose Bürokratie.
Sind denn nun diese Ziele schon erreicht? Ist die Existenzberechtigung der Grünen mangels Aufgaben schon erloschen? Schön wär's!
Die grünen Parteien haben viele Fehler der kritisierten ,Altparteien“ mit einigen spezifischen Abwandlungen übernommen: ideologische Flügelkämpfe, eitle personalpolitische Rangeleien um Profil und Macht, zweifelhaften Umgang mit Geld und gnadenlosen Umgang mit menschlichen Schwächen bei Freund und Gegner.
Die deutschen und österreichischen Grünen sind nicht völlig identisch. Aber der entscheidende Irrtum dürfte bei beiden darin gelegen haben, daß sie sich als politische Partei konstituiert haben, instatt als überparteiliche, außerparlamentarische Bürgerbewegung alle Parteien mit ihren Zielen zu konfrontieren.
Umweltschutz, Naturschutz, Denkmalschutz sind gewiß enorm wichtige Aufgaben und jeden politischen Kampf wert. Aber sie tragen wohl ebensowenig eine eigene spezialisierte Partei wie andere, nicht weniger nicht wichtige Aufgabenbereiche — Frieden, Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit ...
CDU/CSU und ÖVP haben genau wie SPD und SPÖ auf die Grünen vorwiegend taktisch reagiert. Sie haben grüne Formeln als leere Floskeln in ihr Vokabular übernommen, haben als Alibi schöne Umweltministerien eingerichtet und dafür gesorgt, daß diese den Vorrang der Wirtschaft nicht stören.
Vielleicht werden die Grünen sogar wieder stärker, wenn sie nicht mehr eine Partei unter Parteien sind, sondern wieder eine neutrale Lobby für Lebensqualität, Natur und Menschlichkeit.
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