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Immer mehr „schnelle Idioten”

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Der Laie erblickt in ihben Monstren, Alleswisser, die den Menschen bald unterjocht haben werden. Auch daher die Scheu und Faszination des Durchschnittsbürgers gegenüber dem Computer, aber auch das gesteigerte Selbstbewußtsein derer, die ihn beherrschen, der Programmierer und Operators, die sich als wirtschaftserhaltender Faktor verstanden wissen wollen. Mancher kleine Raum, in dem ein elektronischer Rechner steht, wird heute zum „Rechenzentrum” aufgewertet. In Österreich erreichte laut Computerzeitschrift „Diagramm” der Bestand an aufge- stellten oder fest bestellten Computern Ende 1970 625 Einheiten, gegenüber 1969 um 165 Einheiten mehr, eine Zuwachsrate von 15 Prozent über dem europäischen Durchschnitt.

Wie „automationsbedürftig” Österreich nach wie vor ist, zeigt ein Vergleich der Computerdichte. Während in der Schweiz schon auf 5000 Einwohner ein Computer kommt, hat Österreich für je 11.826 Personen einen Computer.

IBM führt mit einem Marktanteil von 63,20 Prozent vor Honeywell- Bull (16,16 Prozent), Univac (11,68 Prozent) und Siemens (7,52 Prozent). Die größten Zuwachsraten verzeichneten IBM (+ 1,98 Prozent) und Siemens (+ 1,21 Prozent). Bei den Prozeßrechnern, einer Domäne von Siemens (dreizehn Anlagen) liegt IBM mit fünf Anlagen an zweiter Stelle. ■

„Computerpremiere” hatte kürzlich das Burgenland, wo die erste Anlage installiert wurde (Rechenzentrum der Bewag). Größte Computerkunden waren erneut die Banken, gefolgt vom Handel. Schlecht bestellt ist es um die Computer-Ausstattung der Schulen. Nur 3,64 Prozent vom gesamtösterreichischen Computer-Bestand sind für Schulungszwecke eingesetzt.

Der Gesamtwert der installierten Anlagen beträgt 4,12 Milliarden Schilling, der Bestand an mittleren Datenverarbeitungsanlagen betrug laut „Diagramm”-Statistik Ende 1970 bereits 1995 Einheiten, wobei die Steigerung im letzten Halbjahr des vergangenen Jahres 25,39 Prozent und damit internationalen Standard erreichte: Ende August 1969 waren es noch 977, Ende 1969 1341 Computer der Klein- und Mittelklasse. Katzinger führt hier überlegen mit 53,38 Prozent Marktanteil (1065 Anlagen) vor Kienzle mit 14,14 Prozent (282 Anlagen), Nixdorf mit 10,33 Prozent (206), RUF mit 8,37 Prozent (167) und Burroughs mit 6,57 Prozent (131) sowie NCR mit 6,25 Prozent (130). Die überwiegend klein- und mittelbetriebliche Struktur der österreichischen Wirtschaft begünstigt hier die Expansionstendenzen der Anbieter.

Geldinstitute stehen auch als Anwender der mittleren Datentechnik an der Spitze, gefolgt von den Bundes*- und Kommunalverwaltungen. In der Industrie dominiert die Textil-, Bekleidungs- und Lederbranche. Der Gesamtwert der Anlagen beträgt 932 Millionen Schilling. In der Bundesländerreihung hält Wien mit 34,14 Prozent vor Oberösterreich (13,58 Prozent) die Spitze.

Mit der Einführung der Informatik als selbständiges Lehr- und Studienfach an der Technischen Hochschule Wien wurde einer besonders wichtigen Entwicklung der modernen Technik Rechnung getragen. Die „schnellen Idioten” werden heute in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung in steigendem Maße eingesetzt und benötigt, und viele technische Errungenschaften der letzten Jahre, aber auch Verwaltungstechniken, sind ohne Einsatz von Computern undenkbar. Ohne Computer keine Raumfahrt. Computer analysieren Herzbewegungen und prognostizieren Krankheitsverläufe, steuern den Autoverkehr, fahnden nach Verbrechern und werden im Tierexperiment eingesetzt. Sie sind Sinnbild einer zweiten industriellen Revolution geworden. Erst kürzlich ist es den Ingenieuren der Universität von Illinois, die schon dreimal in der Vergangenheit bahnbrechende Computer-Typen entworfen haben, gelungen, mit einer gigantischen Rechenanlage (Illiac IV) neue Maßstäbe zu setzen. Illiac IV löst mathematische Probleme, die gängige Elektronenrechner in sechs bis acht Stunden bewältigen, in weniger als zwei Minuten.

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