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Kein Ideal

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Von offizieller amerikanischer Seite ist immer wieder betont worden, daß die Vereinigten Staaten nicht so bald zur Konvertierbarkeit des Dollars zurückkehren werden — sicherlich nicht, bevor die internationale Zahlungsbilanz der USA ausgeglichen ist. Und selbst dann, so wird in Washington unterstrichen, wird man über die Konvertibilität nur im Zusammenhang mit einer Gesamtreform des Weltwährungssystems sprechen können, und die Vereinigten Staaten werden sich jeden Schritt gut überlegen.

Trotzdem sind immer wieder Vorschläge für eine gewisse begrenzte Konvertierbarkeit aufgetaucht — daß die USA beispielsweise einen Teil ihrer verbleibenden Reserveguthaben dazu benutzen könnten, um eine weitere Anhäufung von Dollars im Ausland zu verhindern, oder um es einigen Ländern zu erleichtern, Ziehungen aus dem internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzuzahlen.

Als sich kürzlich mehrere Kongreßausschüsse mit der Frage der Konvertierbarkeit des Dollars befaßten, erklärte der stellvertretende

US-Finanzminister Paul Volcker, daß der Dollar nur in einem sehr begrenzten Sinne „unkonvertierbar“ sei, indem nämlich die Vereinigten Staaten kein Gold, keine Sonderziehungsrechte oder andere Reserveguthaben mehr an ausländische Zentralbanken verkauften, die von ihren Dollarbeständen herunterkommen wollen.

Im übrigen, so betonte Volcker, könne der Dollar für alle Arten von internationalen Transaktionen — Handel, Investitionen, Tourismus — frei benutzt werden. Die Vereinigten Staaten hätten keinerlei Devisenkontrollen eingeführt, die eine Benützung des Dollars für solche Zwecke einschränken würden. Die freie Konvertierbarkeit in diesem Sinne sei wichtiger als die erstgenannten Einschränkungen und mache den Dollar weiterhin zu einer wertvollen internationalen Währung.

Die Frage der Konvertierbarkeit im erstgenannten Sinne — also eine begrenzte Konvertierbarkeit des Dollars in andere Reservewährungen — ist neuerlich im Zusammenhang mit einer geplanten britischen Rückzahlung an den Internationalen Währungsfonds aufgetaucht. Groß-. britannien verfügt über Dollar-1 bestände, die es für die Rückzahlung verwenden möchte; der Fonds ist jedoch mit Dollars gesättigt. Der amerikanische Finanzminister Connally hat zwar kürzlich im Kongreß angedeutet, daß die Vereinigten Staaten ein gewisses Entgegenkommen zu zeigen bereit seien, wenn es sich um Probleme im Zusammenhang mit Rückzahlungen an den IWF handle; er unterstrich jedoch von neuem, daß die USA auch nicht auf eine begrenzte Konvertibilität des Dollar in andere Reservewährungen zurückgehen könnten, so lange ihre Zahlungsbilanz nicht ausgeglichen sei.

Der Ausgleich der amerikanischen Zahlungsbilanz ist eines der zentralen Anliegen der am 15. August vergangenen Jahres verkündeten neuen Wirtschaftspolitik. Ein Weg dazu ist die Neufestsetzung der Wechselkurse, die durch die Aufhebung der Konvertierbarkeit des Dollars in Gang kam und die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Güter im Welthandel verbessert. Finanzminister Connally erklärte vor einem Kongreßausschuß, er wolle nicht sagen, daß die in dem sogenannten Smithsonian-Abkommen erreichten neuen Kurse, die eine Abwertung des Dollars gegenüber anderen wichtigen Währungen um 12 Prozent bedeuten, das Ideal seien, das er erträumt habe. Aber die erreichten Sätze seien das Äußerste gewesen, wozu man die anderen Beteiligten habe bewegen können.

Es ist auch kein Geheimnis, daß sich die Vereinigten Staaten einen größeren Fortschritt in der Beseitigung von Handelsschranken gewünscht hätten, die die amerikanischen Exporte behindern.

Wenn man zu all dem die bekannte Tatsache hinzurechnet, daß es eine gewisse Zeit dauert, ehe eine

Abwertung den gewünschten Effekt auf die Zahlungsbilanz hat, dann darf es nicht überraschen, daß andere Länder in den kommenden Monaten noch mehr Dollars werden aufnehmen müssen, um die Wechselkurse in den vereinbarten Bandbreiten zu halten.

In manchen Kreisen scheint man allerdings trotzdem der Auffassung zu sein, daß die Vereinigten Staaten einen Teil ihrer verbliebenen Reserveguthaben gegen Dollars abgeben sollten, die sich in Zukunft bei ausländischen Zentralbanken ansammeln könnten.

Für Washington ist und bleibt jedoch das Problem Nummer eins der Ausgleich der Zahlungsbilanz und nicht die Konvertierbarkeit des Dollars. Wenn die amerikanische Zahlungsbilanzposition grundlegend geändert worden ist, dann werden auch die Dollarbestände der ausländischen Zentralbanken geringer werden. Das Vertrauen in den Dollar wird wachsen, und die Atmosphäre für eine gründliche Reform des internationalen Währungssystems.

Eine vorzeitige Rückkehr zur Konvertierbarkeit — selbst auf begrenzter Basis — könnte diese zentralen Ziele gefährden.

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