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London nadi der Stunde Null

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Die Nachfrage nach Gold wurde so heftig, daß die Londoner Zeitungen von einem neuen Goldrausch sprachen. Der Zuwachs an privaten Goldhorten (und einigen offiziellen) hat vermutlich rund 500 Millionen US-Dollar betragen. Diese heftige Goldspekulation ist nicht die Folge der Pfundabwertung oder zumindest

nicht unmittelbar, sie ist vielmehr der Ausdruck des Mißtrauens in die Stärke des amerikanischen Dollars. Sie bestätigt aber auch die Befürchtungen vieler Bankiers in der City, daß der Fall des Sterlingkurses auch die Parität des Dollars gefährden werde.

Als Mitte November die Pfundabwertung unvermeidbar wurde, hat die Bank of England selbstverständlich mit einer gewissen Zunahme der Goldkäufe gerechnet und entsprechend vorgesorgt, der Umfang der Orders kam dann doch überraschend. Angeheizt wurde die Spekulation zweifellos durch Nachrichten aus Paris, wo die sattsam bekannte Gold-Lobby (hauptsächlich die südafrikanischen Minengesellschaften) einen nicht zu unterschätzenden Bundesgenossen fand. So mußte die Meldung, wonach Frankreich offiziell aus dem Goldpool der Notenbanken ausscheide, bei der gegebenen Erregung die Unsicherheit und damit das Streben nach einer absolut sicheren Anlage entsprechend steigern.

Der Goldrausch ebbt ab

Gleichzeitig mit der Meldung des Ausscheidens aus dem Goldpool brachte „Le Monde“ die bisher geheime Aufteilung der Lasten dieses Topfes. Die Vereinigten Staaten würden die Hälfte der Kosten übernehmen, die Bundesrepublik Deutschland elf Prozent, Großbritannien, Frankreich (vor seinem Austritt) und Italien je neun Prozent sowie Belgien, die Niederlande und die Schweiz je vier Prozent. Wie nun die neun Prozent Frankreichs aufgeteilt werden, ist nicht bekannt, hingegen sik-kerte durch, daß auch noch andere kontinentale Notenbanken von der allgemeinen Panik erfaßt wurden und sich vom Goldpool zurückziehen wollten (Belgien wurde in der City immer wieder in diesem Zusammenhang genannt).

Es wird sicher noch einige Zeit dauern, bis sich Devisen- und Goldmärkte normalisieren. Je mehr Frist seit der Pfundabwertung verstreicht,

um so geringer wird die Gefahr einer Goldpreiserhöhung (worauf eine Abwertung des Dollars letztlich hinausliefe). Denn das Federal Reserve Board in Washington hat selbstverständlich viel mehr Mittel zur Verteidigung des Dollars bereit als der Bank of England in den Pfundkrisen seit dem Ende des zweiten Welt-

krieges zur Verfügung standen. Sobald der Senat dem Wunsche nach Abschaffung der Golddeckung des Binnendollars zustimmt, könnte das Federal Reserve Board Gold im Werte von 13 Milliarden Dollar zur Verteidigung der Parität bereitstellen. Dieser Betrag wird allgemein, ausgenommen in Paris, für ausreichend gehalten, da die Summe der kurzfristigen Verpflichtungen der USA keinesfalls 13 Milliarden Dollar übersteigt.

Tatsächlich scheint in den letzten Tagen die Vernunft wiedergekehrt zu sein, da der „Goldrun“ deutlich abebbte. Damit wendete sich das

Interesse der Londoner City wieder in verstärktem Maße der Frage zu, welche Auswirkungen die Pfundabwertung auf die britische Wirtschaft haben werde.

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