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Bei der letzten Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds in Washington — es war die 27. seit Bestehen des IWF — wurde der Startschuß zur Reform des internationalen Währungssystems gegeben. Es wurden die organisatorischen Voraussetzungen für die Aufnahme der Verhandlungen geschaffen: die sogenannte „Zwanzigergruppe“, in welcher auf politischer Ebene die Entscheidungen darüber getroffen werden sollen, welche Statutenänderungen des Währungsfonds den Regierungen der Mitgliedsstaaten zur Annahme vorgeschlagen werden sollen, und die sogenannte „Gruppe der Stellvertreter“, in welcher die Alternativen für die erforderlichen Änderungen des Währungssystems ausgearbeitet werden sollen.

Es wurden aber nicht nur die organisatorischen Voraussetzungen für die Aufnahme der konkreten Verhandlungen geschaffen. Noch wichtiger war die allgemein bekundete Bereitschaft, in zügige Verhandlungen einzutreten, und die von den Sprechern der wichtigsten Mitgliedsländer zum Ausdruck gebrachte Kompromißbereitschaft. Präsident Nixon betonte in seiner Ansprache an die Gouverneure des Währungsfonds und der Weltbank, daß der Wille zur Reform des Währungssystetms vorhanden und daß die Zeit für ein gemeinsames Vorgehen gekommen sei.

Damit liegt jene Periode hinter uns, die am 15. August 1971 mit der Suspendierung der Konvertibilität des Dollars in Gold begann und in der der politische Wille zu einer Reform des internationalen Währungssystems nicht vorhanden war. Die dadurch ausgelöste Unsicherheit war ein Gefahrenmoment, das die Schwächen des alten Systems noch erheblich verstärkte.

Die Rede des amerikanischen Finanzministers, George P. Shultz, hat-gezeigt, daß Amerika bereit ist, seine Führungsrolle wieder zu übernehmen. Minister Shultz hat ein amerikanisches Konzept über seine Reformvorstellungen vorgelegt, das durch seine konkrete und geschlossene Form nach der langen Zeit passiven Zuwartens seitens der Regierung der Vereinigten Staaten überraschte, und das trotz der offenbar sehr genauen Vorstellungen Raum für Verhandlungen läßt. Zu diesen Vorstellungen zählt die Erwartung, daß das künftige Währungssystem einen viel flexibleren Anpassungsmechanismus zur Bildung der Währungsparitäten und der Wechselkurse zulassen wird, daß die Dollarüberschüsse von Notenbanken in Zukunft wieder konvertibel gemacht werden sollen, daß der Internationale Währungsfonds in Zukunft mit größerer Autorität ausgestattet wird und Verletzungen seiner Regeln von Sanktionen begleitet sein sollen, daß eine „Symmetrie“ der Verpflichtungen für Länder mit einer defizitären und solche mit einer aktiven Zahlungsbilanz wirksam werden soll, und daß zwischen der Reform des internationalen Währungssystems und den Bemühungen um eine auch künftighin fortschreitende Freizügigkeit des internationalen Warenaustausches ein enger Zusammenhang bestehen soll. Selbst der Bildung engerer Formen der regionalen monetären Kooperation, wie der Europäischen Währungsunion, stehen die Vereinigten Staaten positiv gegenüber, wenn sie nicht protektionistische Züge aufweisen und wenn sie zur Festigung des internationalen Währungssystems beitragen.

Auch das künftige Währungssystem soll — wie es der japanische

Finanzminister, Koshiro Ueki, formuliert hat j- wie das zunächst so erfolgreiche System der Nachkriegszeit auf dem Grundsatz der „einen Welt“ beruhen.

Dieses Programm sowie der Bericht der Exekutivdirektoren des Internationalen Währungsfonds über die Reform des internationalen Währungssystems lassen den Umfang der bevorstehenden Verhandlungen erkennen. Diese werden sich mit dem Wechselkursregime dem Mechanismus der internationalen Währungsreserven, dem Anpassungsprozeß der Zahlungsbilanzen, dem Kapitalverkehr, mit Problemen des Welthandels und auch mit institutionellen Problemen der für das internationale Währungswesen und den Welthandel zuständigen Institutionen sowie mit dem Fragenkomplex der Entwicklungsländer beschäftigen.

Wiederholte Hinweise darauf, daß sich über die Ziele der Reform während des vergangenen Jahres eine sehr weitgehende Übereinstimmung abgezeichnet hat, rechtfertigen auch den Optimismus, der in Washington betont zur Schau getragen wurde.

Vor allem besteht Übereinstimmung darüber, daß auch die künftige internationale Währungsordnung prinzipiell ein System frei konvertierbarer Währungen und eines multilateralen, möglichst freizügigen Welthandels sein soll.

Diese Währungsordnung soll auf internationalen Verpflichtungen beruhen und durch den Internationalen Währungsfonds kontrolliert werden.

Ferner besteht Übereinstimmung darüber, daß ein Hauptanliegen der Reform die Wiederherstellung der Zahlungsbilanzdisziplin zu sein hat, und daß in Hinkunft eine größere Flexibilität bei der Bildung der Wechselkurse den Anpassungsprozeß erleichtern soll.

Weiters soll das Währungssystem die Bekämpfung der weltweiten Inflation erleichtern und eine laufende Anpassung der Weltliquidität an die Erfordernisse des Welthandels möglich machen.

Schließlich besteht allgemeine Übereinstimmung darüber, daß im künftigen Währungssystem das Gold als Währungsreserve in zunehmendem Maß von den sogenannten ,Sonderziehungsrechten“ abgelöst werden soll, die in Zukunft jenes Zahlungsmittel sein sollen, mit dessen Schöpfung die internationale Währungsgemeinschaft für die erforderliche Liquidität sorgen wird.

Der Optimismus der wichtigsten Sprecher kam auch darin zum Ausdruck, daß die in den letzten Monaten nur vereinzelt geäußerten Meinungen, wie jene des Präsidenten des amerikanischen Federal Reserve System, Professor A. Burns, in Montreal und des US-Unterstaatssekretärs für internationale Währungsangelegenheiten, Paul A. Volcker, in Alpbach, nunmehr von allen geteilt werden: daß — wie es der britische Schatzkanzler, Anthony Barber, formulierte — „eine Übereinstimmung über die wesentlichsten Grundzüge des reformierten internationalen Währungssystems bis zur nächsten Jahresversammlung des Internationalen Währungsfonds im September 1973 in Nairobi zustande kommen kann“. Mit einem zügigen Sitzungsprogramm — die erste Sitzung des Stellvertreterausschusses findet bereits am 27. November statt —, mit einem Tagungsrhythmus von etwa zwei Monaten und mit einer drei- bis viermaligen Tagung des Zwanzigerkomitees sind die technischen Voraussetzungen dazu gegelben.

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