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Grundübel Handelsbilanzdefizit

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Anfang des Jahres 1965 wurde ein weiterer groß angelegter Versuch, das Defizit Zu verringern, unternommen. Das Federal Reserve System gab an die Banken, das Handelsministerium und an die sonstigen Wirtschaftsunternehmungen Richtlinien (Guidelines) zur Eindämmung der Auslandsinvestitichen aus, die ausschließlich freiwilligen Charakter trugen. Die Guidelines wurden im Lauf der Zeit auf immer größere Bereiche der Auslandsinvestitionen ausgedehnt. Schließlich verfügte die Regierung Anfang 1968 im Zuge einer neuerlichen großen Kampagne zur Zahlungsbilanzsanierung ein konkretes Verbot für Direktinvestitionen im westlichen Ausland, von dem lediglich einige Länder ausge nommen wurden. Das im Jahn er d. J. verkündete Programm enthält unter anderem auch Anrufe zu verstärkten Exportanstrengungen, zu Importkürzungen und zur Einschränkung von Auslandsreisen amerikanischer Staatsbürger. Die Regierung hat massive Steuererhöhüngen und der Kongreß massive Budgeteinsparungen verlangt.

Die Schwierigkeiten liegen nicht nur in der gegenwärtigen Vorwahlperiode. Angesichts der Größe der Wirtschaft der Vereinigten’ Staaten gegenüber dem verhältnismäßig kleinen Außenhandelsanteil ist es nicht leicht, die gesamte Binnenwirtschaftspolitik nach den Erfordernissen der Außenwirtschaft zu orientieren.

Die Notenbank hat immer wieder die Notwendigkeit unterstrichen, auch im Interesse des Abbaues des Zahlungsbilanzdefizits den Preisauftrieb zu bekämpfen. Sie hat daher seit dem Vorjahr die geldpolitischen Zügel wieder stärker angezogeh. Der Diskontsatz wurde von 4 Prozent noch im November in drei Stufen auf nunmehr 5V2 Prozent hinaufgesetzt.

Auch Großbritannien hat verschiedene Maßnahmen zur Sanierung der Zahlungsbilanz getroffen: Im Zuge der Abwertung um 14,3 Prozent wurde die Bankrate von 6V2 zuerst auf 8 Prozent und inzwischen mit 7V2 Prozent festgesetzt. Die Ratenkredite wurden durch Hinaufsetzung des Baranzahlungsbetrages und die Beschränkung des Abzahlungszeitraumes verschärft. Es wurde ein absoluter Stop für alle Arten Kredite verfügt, ausgenommen’ Exportkredite. Das gesamte Kreditvolumen wurde auf den Stand von Mitte November 1967 als absolute obere Grenze festgesetzt. Die Arbeits- und Dividendeneinkünfte dürfen um nicht mehr als 3V2 Prozent pro Jahr steigen. Das Budget ist das restriktivste Budget seit 1930. Die Erhöhung direkter und indirekter Steuern soll noch in diesem Jahr 775 Millionen Pfund Sterling einbringen. Durch dieses Sparprogramm der Regierung sollen die private Nachfrage zurück- gedrängt, die Exporte gefördert und Importe durch Erzeugnisse aus dem Inland ersetzt werden.

Wenn die Bemühungen Großbritanniens und der USA, ihre Zahlungsbilanzen ins Gleichgewicht zu bringen oder zumindest die Defizite stark zu verringern, Erfolg haben, würden die Weltwährungsreserven nicht mehr oder nur noch spärlich mit Dollar und Pfund Sterling gespeist werden. Auch wenn den Währungsreserven wieder Gold zufließen sollte, würde dies nicht ausreichen. Das Problem der internationalen Liquidität wird sich dann in verstärkter Akzentuierung stellen.

Die Rolle des Währungsfonds

Wenn auch keine Einigkeit über den tatsächlichen Bedarf an zusätzlichen Internationalen Zahlungsmitteln nach zeitlichen und mengenmäßigen Gesichtspunkten besteht, so kann man sich doch kaum vorstellen, daß sich die Weltwirtschaft auf Basis stagnierender Weltwährungsreserven weiterhin so rasch ausdeh- hen könnte wie bisher.

In Erkenntnis dieser Tatsachen ist es zu ausgedehnten Diskussionen und zu Verhandlungen gekommen, die hauptsächlich im Exekutivdirektorium des Währungsfonds und innerhalb des Zehnerklubs stattfanden. Als Ergebnis lag den Gouverneuren des Währungsfonds anläßlich ihrer Jahresversammlung, die im September 1967 in Rio de Janeiro stattfand, der Entwurf eitler Modifizierung und Erweiterung des Abkommens über den Internationalen Währungsfonds vor. Dieser Entwurf sah vor allem die Errichtung eines Systems von Sonderziehungsrechten vor, er enthielt aber auch Vorschläge über eine Anpassung der herkömmlichen Aufgaben des Währungsfonds, auf die ich gleich noch zu sprechen komme, an die aktuelle Lage der Weltwirtschaft.

Der Internationale Währungsfonds hat neben anderen Aufgaben den Zweck, kurzfristige Devisenkredite zur Überbrückung von Zahlungsbilanzdefiziten zu geben. Diese Devisenkredite haben jedoch die juristische Form von Währungskäufen, die gewöhnlich als Ziehungen bezeichnet werden: das Mitglied kauft vom Fonds benötigte Fremdwährung gegen Erlag eines entsprechenden Betrages seiner eigenen Währung. Die Ziehungen sind prinzipiell auf Beträge beschränkt, welche zu den Beständen des Fonds an der Währung des ziehenden Landes in Beziehung stehen.

Die Ziehung innerhalb der ersten 25 Prozent der Quote kann ein Mitglied derzeit fast automatisch beantragen. Diese Ziehung in der sogenannten Goldtranche.— Goldtranche deshalb, weil ja ein Viertel der Quote in Form von Gold eingezahlt wurde — wird nach Ratifizierung der nun vorliegenden Vorschläge zur Reform des Währungsfonds vollkommen frei und automatisch, wodurch der Charakter einer echten Währungsreserve gegeben sein wird. Beanspruchungen über die Goldtranche hinaus sind an Bedingungen geknüpft, die sich mit zunehmender Höhe verschärfen. Hier geht es dem Währungsfonds vor allem darum, die widmungsgemäße Verwendung der Mittel durch eine genaue Prüfung der Wirtschaftslage des Mitglieds zu erreichen.

Da die Zustimmung des Fonds zu jeder Ziehung nach der ersteh Tranche von einer neuerlichen Prüfung der Wirtschaftslage abhängig ist und hiedurch wertvolle Zeit verlorengehen kann, wurde seit 1952 die Praxis des Abschlusses von sogenannten stand-by-Abkommen entwickelt. Hier gibt der Fonds die Zusage, dem betreffenden Mitglied innerhalb eines bestimmten Zeitraumes und eines festgesetzten Rahmenbetrages Fremdwährung ohne jeweils neuerliche Überprüfung zur Verfügung zu stellen.

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