Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Totenglocken für Rabat?
Marokko begehe, so wird behauptet, gegenwärtig unter den fest verschlossenen Augen der Arabischen Liga einen blutigen Völkermord in der früheren spanischen Westsahara. Zu Massenverhaftungen, auch von Frauen und halbwüchsigen Kindern, in den immer mehr entvölkerten städtischen und dörflichen Siedlungszentren kämen rücksichtslose Morde. Jeglicher Widerstand gegen die marokkanische Zivilverwaltung werde unterdrückt. Viele Saharauis flüchteten zu den mit den Marokkanern verbündeten mauretanischen Truppen, die wesentlich behutsamer vorgingen. So wenigstens berichteten saharauische Flüchtlinge der Widerstandsbewegung „Frente Polisario“ im saharisch-algerischen Grenzgebiet.
Marokko begehe, so wird behauptet, gegenwärtig unter den fest verschlossenen Augen der Arabischen Liga einen blutigen Völkermord in der früheren spanischen Westsahara. Zu Massenverhaftungen, auch von Frauen und halbwüchsigen Kindern, in den immer mehr entvölkerten städtischen und dörflichen Siedlungszentren kämen rücksichtslose Morde. Jeglicher Widerstand gegen die marokkanische Zivilverwaltung werde unterdrückt. Viele Saharauis flüchteten zu den mit den Marokkanern verbündeten mauretanischen Truppen, die wesentlich behutsamer vorgingen. So wenigstens berichteten saharauische Flüchtlinge der Widerstandsbewegung „Frente Polisario“ im saharisch-algerischen Grenzgebiet.
Von Marokko aus für ausländische Beobachter unzugänglich, bleibt für den Berichterstatter ein Zugang zu dem umstrittenen Gebiet gegenwärtig nur über Algerien. Von dort aus kann man sich jedoch davon überzeugen, daß Marokko bemüht ist, das Saharagebiet in ein nordwestafrikanisches Kurdistan ohne Aussicht für den Freiheitsdrang der einheimischen Bevölkerung zu verwandeln. Es hat dafür den mindestens inoffiziellen Segen der Arabischen Liga, die andernfalls den Zerfall ihrer ohnehin nicht besonders wirkungsvollen Organisation befürchten müßte.
Die meisten Liga-Mitglieder sympathisieren zwar mit dem Unabhängigkeitsanspruch der Guerrilleros und sehen die Westsahara keineswegs gern im Machtbereich Marokkos verschwinden. Sie befürchten aber ebenso einen im Fall der saharischen Selbstbehauptung unvermeidlichen Machtzuwachs der radikalen Regime in Algier und Tripolis. In diesem Zwiespalt entschieden sie sich vorerst zum Nichtstun. Wieder einmal droht das Schicksal eines kleinen und ebenso unterentwickelten wie freiheitsdurstigen Volkes einem Gegensatz geopfert zu werden, mit dem es nicht das geringste zu tun hat. Diesmal ist es der Gegen-
satz zwischen Ägypten und dem konservativen Saudisch-Arabien auf der einen und dem radikalen Libyen und Algerien auf der anderen Seite. Darüber hinaus droht emeut der schwelende und nie vollständig überbrückte Gegensatz zwischen dem weißen (arabischen) und dem schwarzen Afrika. Schwarzafrika vergaß bis heute nicht das bis in unser Jahrhundert anhaltende Wüten arabischer Sklavenhändler südlich der Sahara. Die „Organisation Afrikanischer Staaten“ (OAU) stellte sich denn auch, im direkten Gegensatz zur Araberliga, eindeutig hinter die Saharauis,
Eine weitere für die Saharauis ungünstige internationale Dimension erhält der Konflikt um die seit Monaten stilliegenden Phosphatgruben in der ehemaligen spanischen Kolonie durch die innerpolitischen Schwierigkeiten in Libyen-und Algerien. Politische Beobachter sind sich' darüber einig, daß sowohl der Militärdiktator Moammer el-Gaddafi als auch Präsident Houari Boume-dienne durch ihr aktives Eingreifen in den Konflikt keineswegs der „Frente polisario“ halfen, sondern in erster Linie von einer explosiven innerpolitischen Situation ablenken wollten. Die Verhaftung libyscher Agenten in Ägypten bewies gerade
wieder, daß die Tripolitaner Regierung auf einem Pulverfaß sitzt. In Algier regt sich ebenfalls energischer Widerstand gegen den asketischen Obristen an der Staatsspitze. Doch auch König Hassan steht in Marokko vor Problemen. Scheitert er in der Sahara, so dürften die Totenglocken für sein Regime läuten. Präsident Mochtar Ould Daddah schließlich ist in Mauretanien ebenfalls kaum noch unangefochten an der Macht. Die Schwäche ihrer Gegner gibt den saharauischen Guerrilleros deshalb vielleicht eine Chance.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!