Den Bock zum Gärtner gemacht

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Die UNO-Menschenrechtskommission soll über die Einhaltung der Menschenrechte wachen - mit Diktaturen und Semi-Diktaturen als Mitglieder.

Simbabwe ist dieser Tage für weitere drei Jahre in die un-Menschenrechtskommission (mrk) wiedergewählt worden. Die Entscheidung löste scharfe Kritik von Vertretern der usa, Kanadas und Australiens aus. Der Staat im Süden Afrikas missachte die Rechte seines eigenen Volks, seine Wahl in das Gremium sei daher unangemessen, sagte der us-Gesandte William Brenwick. Simbabwes uno-Botschafter Boniface Chidyausiku reagierte darauf mit den Worten: "Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen." Zu den 15 Staaten, die ab 2006 für drei Jahre in das Gremium gewählt wurden, zählt auch Österreich, das zuletzt von 2002 bis zum Vorjahr in der Menschenrechtskommission vertreten war.

Die un-Menschenrechtskommission verurteilt regelmäßig Gewaltregimes oder auch demokratisch gewählte Regierungen für ihre Verfehlungen auf dem Gebiet der Menschenrechte. Allerdings sind ihre Resolutionen, wie die praktisch aller Organe der Vereinten Nationen, nicht selten von politischen Interessen bestimmt. So beantragen die usa regelmäßig die Verurteilung Kubas und arabische Staaten reichen routinemäßig Resolutionsentwürfe gegen die israelische Politik ein.

Fehlende Glaubwürdigkeit

Technisch ist die mrk eine "ständige Kommission" der uno-Generalversammlung. Die mrk hat den Auftrag, die weltweite Achtung der Menschenrechte zu fördern, die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu stärken, bei Menschenrechtsverletzungen in bestimmten Ländern tätig zu werden und den 191 uno-Mitgliedstaaten beim Auf- und Ausbau ihrer Kapazitäten zum Schutz der Menschenrechte Beistand zu leisten. Wie ist das möglich, wenn Länder wie Simbabwe oder Sudan über die Einhaltung der Menschenrechte in Afrika zu befinden haben?

"Die Fähigkeit der Kommission, diese Aufgaben zu erfüllen, ist in den letzten Jahren durch nachlassende Glaubwürdigkeit und Professionalität untergraben worden". Zu diesem Schluss kommt ein von uno-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzter Expertenausschuss ("High Panel") zur Reform der Vereinten Nationen. Das "schwierigste und heikelste Thema" sei die Zusammensetzung der mrk. Das Wahlverfahren durch Regionalgruppen führe dazu, "dass in diesem Jahr nur die Hälfte der nach Genf entsandten 53 Regierungsdelegationen tatsächlich an der Stärkung der Menschenrechte interessiert ist", urteilte Kenneth Roth, Direktor der in Washington ansässigen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Den anderen gehe es in erster Linie darum, "Kritik an der Menschenrechtslage in ihren Ländern zu verhindern".

Ziel ist, Kritik zu verhindern

Eine Resolution hat nur dann Chancen durchgebracht zu werden, wenn sie von einer ausreichenden Zahl von Mitgliedsstaaten unterstützt wird. Deswegen werden auch die haarsträubendsten Menschenrechtsverletzungen in den mächtigen Ländern meist verschämt ausgeklammert. Anträge zu Tschetschenien oder auch zu den us-Gefangenenlagern und Verhörzentren in Guantánamo unterbleiben. Versuche, wirtschaftliche und soziale Rechte, wie sie in einem uno-Pakt von 1966 verankert sind, durch ein Zusatzprotokoll justiziabel, also gerichtlich durchsetzbar zu machen, treffen traditionell auf erbitterten Widerstand der usa und ihrer Verbündeten.

Der Vorschlag der Reformkommission, die Mitgliedschaft eines Staates in der mrk künftig von "inhaltlichen Kriterien abhängig zu machen", würde zumindest einen Teil des Problems lösen. Länder, die die wichtigsten Menschenrechtskonventionen nicht ratifiziert haben, hätten dann keine Chance auf Mitgliedschaft. Diskutiert und hoffentlich ratifiziert werden die Reformvorschläge für die mrk im kommenden Herbst auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York. Am Ende der diesjährigen Sitzungsperiode sagte die un-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, sie hoffe, dass die nächste Sitzung im kommenden Jahr "nicht identisch" - sie meinte wohl nicht so ineffizient" - wie die diesjährige sein werde.

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