Keine Hierarchien in der EU einführen

Werbung
Werbung
Werbung

Innerhalb der Union ist man sich über die Notwendigkeit einer Reform der Institutionen der Europäischen Union einig. Die genaue Ausgestaltung des zukünftigen Europa wird anlässlich des Ratsgipfels in Nizza intensiv diskutiert werden. Die Institutionenreform ist dabei klar auf die neuen Herausforderungen auszurichten. Die Europäische Union ist erweiterungsfähig zu machen.

Die Europäische Union steht vor großen Herausforderungen. Um für diese Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein, ist ein Umbau notwendig. Die Reform der Union ist aber kein Selbstzweck, sondern sie dient einem klaren Ziel: Primär geht es darum, die Funktionstüchtigkeit der EU langfristig und auch nach dem Beitritt der Staaten Mittel- und Osteuropas zu gewährleisten.

Die Erweiterung der Union liegt in unserem strategischen Interesse, da Österreich dadurch aus der bisherigen Randlage ins Zentrum eines erweiterten Europas rückt. Durch die Erweiterung der EU um die Staaten Mittel- und Osteuropas wird sich der Raum der Stabilität und Prosperität ausweiten und Sicherheit und Wohlstand auch für unser Land steigen.

Die institutionellen Fragen, die den Verträgen von Amsterdam entsprechend vor der Erweiterung zu lösen sind, sind zeitgerecht vom Europäischen Rat zu beschließen und von den nationalen Parlamenten zu ratifizieren. Dazu gehören insbesondere die Fragen nach der Größe und Zusammensetzung der Europäischen Kommission, die Gewichtung der Stimmen der Mitgliedstaaten sowie eine Ausweitung der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit.

Aus meiner Sicht ist es unerlässlich, dass jedes Mitgliedsland der EU in allen Institutionen vertreten ist. Europa war von Anfang an auf Partnerschaft der Mitglieder ausgerichtet und daran soll sich in Zukunft nichts ändern. Das Recht jedes Staates, ein Kommissionsmitglied zu nominieren, ist daher unverzichtbar. Auch eine hierarchische Unterscheidung innerhalb der Kommission, wie die Einführung von stellvertretenden oder Junior-Kommissaren, lehne ich ab.

Um ein weiteres Übergewicht großer Staaten zu Ungunsten kleinerer zu verhindern, trete ich für eine starke Kommission ein. In diesem Sinne erscheint auch bei der Schaffung neuer Organe und Sekretariate - mit Ausnahme einzelner sinnvoller Ergänzungen, wie zum Beispiel eines Europäischen Staatsanwaltes - große Zurückhaltung geboten. Ich spreche mich daher gegen eine verstärkte Anwendung des Intergouvernementalismus aus, der zu Lasten der Union gehen würde.

Das geltende System der Stimmenwägung im Rat hat sich seit der Gründung der Europäischen Union vor mehr als vierzig Jahren gut bewährt, da es ein ausgewogenes Kräfteverhältnis in der Union garantiert. Die relative Gewichtung zwischen den Mitgliedstaaten ist heute noch so, wie sie schon zwischen den sechs Gründungsmitgliedern bestanden hatte. Auch bei der nächsten Erweiterung ist am überproportionalen Stimmgewicht der kleinen und mittleren Staaten grundsätzlich festzuhalten, andererseits sind auch die legitimen Interessen der bevölkerungsstärkeren Staaten zu berücksichtigen. Deswegen kann ich mir beispielsweise die Einführung einer doppelten Mehrheit, wonach eine qualifizierte Mehrheit der Stimmen im Rat auch eine klare Mehrheit der Bevölkerung repräsentieren muss, als Lösung vorstellen.

Eine gezielte Ausdehnung der Mehrheitsentscheidungen erscheint mir notwendig, um die Funktionsfähigkeit einer erweiterten Gemeinschaft sicherzustellen. Hierbei müssen jedoch essentielle mitgliedstaatliche Interessen berücksichtigt werden. Jedenfalls spreche ich mich gegen eine Aufgabe des Vetorechts in für unser Land wesentlichen Bereichen aus. Genannt seien Wasserressourcen, Raumordnung, Bodennutzung, Wahl des Energieträgers, sowie alle Bereiche, die konstitutionellen Charakter haben beziehungsweise einer nationalen Ratifizierung bedürfen.

Gerade durch die Ereignisse in den letzten Monaten ist man in Österreich in Hinblick auf die Machtverhältnisse innerhalb der Europäischen Union sensibler geworden. Für die österreichische Politik wird es in Nizza darum gehen, die Interessen Österreichs bestens zu vertreten und gleichzeitig konstruktiv an der zukünftigen Ausgestaltung Europas mitzuwirken. Gerade weil so manches an der Europäischen Union zu kritisieren ist, bin ich als Christdemokrat davon überzeugt, dass dieses Projekt Europas in unserem Sinne mitgestaltet werden soll.

Der Autor ist Außenpolitischer Sprecher der ÖVP.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung