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Vertiefung und Erweiterung

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Ohne einen wahren politischen Willen wird es das neue Europa nicht geben. Die EU-Kommission hat klare Vorstellungen, was geschehen muß.

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Ohne einen wahren politischen Willen wird es das neue Europa nicht geben. Die EU-Kommission hat klare Vorstellungen, was geschehen muß.

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Klare Zielvorgaben und die Schaffung eines angemessenen Instrumentariums sind eine absolute Notwendigkeit”, erklärte EU-Kommissionspräsident Jacques Sanier bei der Vorlage der Stellungnahme der Kommission zur Regierungskonferenz vor dem Europäischen Parlament. „Aber all das bringt uns nicht weiter, wenn dahinter nicht ein wirklicher politischer Wille steht. Dieser ist ebenso unerläßlich wie die Debatte über die Zielsetzung Europas, die bereits jetzt in Angriff genommen werden muß.”

Die Kommission erwartet von der Regierungskonferenz, daß sie die Union verstärkt, um die Erweiterung auf der Grundlage eines politischen Projekts vorzubereiten. Die Union muß daher bürgernäher sein, ihre Identität nach Außen behaupten und sich ein institutionelles System geben, das auch in einem erweiterten Europa funktionsfähig ist.

Es geht der Europäischen Kommission um die Weiterentwicklung eines „kostbaren Erbes”, nämlich einen Raum des Friedens und des Wohlstands zu schaffen, was die Europäische Einigung schon ermöglicht habe. Dieses Erbe soll nun auch auf die Länder des lange geteilten Europas ausgedehnt werden, nach Ansicht der Kommission eine „historische Aufgabe”.

Die dem Gemeinschaftskonzept zugrundeliegenden Werte - neuartige Institutionen, Recht und Solidarität — die sich bewährt hätten, sollen erhalten, die Methoden an die neuen Gegebenheiten angepaßt werden. Klare Zielvorgaben, wie schon oben erwähnt, und ein angemessenes Instrumentarium seien eine absolute Notwendigkeit, ohne politischen Willen der europäischen Politiker könnte das jeclocn mcnt wirKsam werden.

Als konkrete Orientierungen für die am 29. März 1996 in Turin begonnene Regierungskonferenz hat die Kommission drei große Themen vorgelegt, zu denen während der Konferenz noch konkrete Beiträge vorgelegt werden sollen:

■ Ein Europa im Dienste des Bürg-rers.

■ Stärkung der außenpolitischen Identität Europas.

■ Institutionen für das erweiterte Europa.

Das auf eine Gesamtheit gemeinsamer Werte gegründete europäische Gesellschaftsmodell (Demokratie, offene Wirtschaft, Solidarität, Kohäsi-on), zu denen auch der Zugang der Bürger zu diesen Diensten von allgemeinem Interesse oder öffentlichen Diensleistungen gehört, muß bestätigt und präzisiert werden. Dabei geht es zunächst um ein europäisches Gesellschaftsmodell: Die Union, so die Vorstellung der Kommission, muß der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte beitreten oder im Vertrag unmittelbar auf die unter dieses Übereinkommen fallenden Rechte hinweisen. In den Vertrag müssen Bestimmungen aufgenommen werden, die jede Diskriminierung verbieten; dies gilt insbesondere über die die Gehälter betreffenden Bestimmungen hinaus für die Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen sowie die Verurteilung des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit. Die Kommission sollte über die erforderlichen Mittel verfügen, um eine bessere Anwendung des Gemeinschaftsrechts insbesondere im Binnenmarktbereich zu gewährleisten. Die Rolle des Gerichtshofs muß verstärkt werden. Es muß eine angemessene Rechtsgrundlage für die Bekämpfung des Betrugs zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union geschaffen werden.

Die Beschäftigungsfrage wird als besonders dringlich bewertet: Es sollen Voraussetzungen für eine gemeinsame Beschäftigungsstrategie und Maßnahmen zur multilateralen Überwachung der Mehrjahresprogramme der Mitgliedstaaten geschaffen werden. Um Freiheit und Sicherheit in Europa zu gewährleisten, müßten die Bereiche Justiz und Inneres - mit Ausnahme der Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen sowie der Kooperation der Polizeibehörden - in den gemeinschaftsrechtlichen Rahmen übernommen werden. Das sogenannte Schengener Abkommen (siehe Seite 15) müßte inhaltlich in den Vertrag einbezogen werden.

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