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Zur Selbstentfaltung des Menschen

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ZUR THEOLOGIE DER WIRTSCHAFT. Von August Marx. Verlag Herder, Wien. 160 Seiten. Preis 65 S.

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ZUR THEOLOGIE DER WIRTSCHAFT. Von August Marx. Verlag Herder, Wien. 160 Seiten. Preis 65 S.

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Entgegen dem Versuch, die Wirtschaft in ihrer Bedeutung zu verabsolutieren, muß diese vor allem als ein Kulturdokument des in Freiheit schaffenden Menschen verstanden werden, als eine Realisierung des göttlichen Schöpfungsaktes. Keineswegs ist das Wirtschaften ein mechanischer Ablauf, trotz Programmsteuerung und Fließband. Der bekannte deutsche Wirtschaftswissenschaftler, zugleich Theologe, August Marx, von der Wirtschaftshochschule Mannheim, hat nun auf der Grundlage von Vorträgen, die“er seinerzeit über Einladung des Wiener Seelsorgeinstituts gehalten hatte, ein Buch vorgelegt, welches das Bemühen des Verfassers ausweist,eine theologische Interpretation des wirtschaftlichen Geschehens zu geben.

Die neopuritanische Annahme, daß die Wirtschaft ausschließlich vom Gewinn her zu steuern wäre und daß alles Wirtschaften daher die Form von Gewinndispositionen annehmen müsse, übersieht, daß Wirtschaften im Wesen Bedarfsvorsorge ist, auf den Menschen bezogen, wenn nicht Gottesdienst (S. 26). Die Wirtschaft ist nicht um ihrer selbst willen da, weder als Summe von Institutionen noch als Prozeß, sondern? um der Selbstentfaltung des Menschen willen wie auch zu seiner Erhaltung. Diesen Sachverhalt anerkennen heißt gleichzeitig auch auf den Bestand von

Normen verweisen, die das wirtschaftliche Geschehen disziplinieren und kanalisieren. Die Normen für das richtige und wirtschaftliche Handeln können freilich nicht im engen Bereich der Ökonomie gefunden werden, sondern in der natürlichen Sicherheit, die in der Region des Wirtschaftens einen systematischen Niederschlag als Wirtschaftsethik gefunden hat.

Der Verfasser bietet nun einem wirtschaftswissenschaftlich kaum vorgebildeten Laien eine ausgezeichnete Einführung in die Wirtschaftsethik, wobei er die Versuche, die sogenannte Situationsethik der Wirtschaftsethik zuzurechnen, nachdrücklich ablehnt.

Ethik wäre sinnlos, wäre sie nicht gegenstandsbezogen, indem sie sittliches Sein wie sittliches Wollen zum Objekt ihrer Klassifikation macht. Die Sorge um das tägliche Brot, scheinbar in der Mitte unseres Daseins, darf nicht dazu führen, daß sich der Mensch in der Sorge um seine Erhaltung in die Sachwelt verliert. Auch die Bemühung um eine Bestgestaltung des Daseins kann als ein indirekter Beitrag zur Entfaltung der sittlichen Persönlichkeit des Wirtschaftenden verstanden werden.

Das ausgezeichnete Buch ist eine leicht faßliche und an keinerlei ökonomische Fachkenntnisse gebundene Einführung in die Probleme der Anwendungsgebiete der Wirtschaftsethik.

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