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Verschiedene Pläne

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Man war sich bei früheren Projekten der Tiroler Eisenbahn einig, daß „nur die Linie des Brenners von Brixen big Innsbruck einige höhere Kunst in Anspruch nehmen werde“. Nachdem so mancher Plan seit 1835 gefaßt worden war, kam es erst durch die K. K. privilegierte Südbahngesellscbaft 1862 zur zielführenden Vorbereitung und Inangriffnahme des Baues der Brennerbahn.

Schon im gesamtösterreichischen Bahnkonzept das Grazers Franz Xaver Riepl (1837) in der Schrift über Deutschlands Eisenbähnsystem des WiTtschaftspoliitikers Friedrich List (1836 und weiter 1842) und im Plan des venezianischen Ingenieurs Qua-lizza war die Eisenbahn über den Brenner skizziert. In den fünfziger Jahren entwarf der Erbauer der Semroeringbahn, Carl Ritter von Ghega einen Plan. Qualizza wie Ghega planten einen Scheiteltunnel unter der Brennerhöhe. Aber der zur Ausführung gelangende wurde nach Studium aller bisher vorliegenden Pläne von dem aus Württemberg stammenden Ingenieur Carl von Etzel entworfen.

Dieser Bahnbau war nicht einfach, denn das Gelände war teilweise sehr schwierig. Es mußte von dem 592,7 m hoch gelegenen Innsbruck über den 1370 m hohen Brennerpaß eine Bahnlinie nach dem 266,2 m hoch gelegenen Bozen erbaut werden. Nach eingehender Bereisung der Strecke Innsbruck—Brenner entwarf Carl von Etzel, den der aus

Basel stammende Ing. Achilles Thommen begleitete, er übernahm nach dem Tode Etzels 1865 die Baudurchführung, ein am 27. September 1862 dem Wiener Handelsministerium vorgelegtes Projekt. Die von Etzel vorgeschlagene Trasse war mit 125,4 km für die Strecke Innsbruck—

Bozen um 36 km kürzer als das Projekt von Ghega und sah keine Untertunnelung, sondern eine freie Überquerung des Brennerpasses vor.

Bau der Brennerbahn

Im September 1863 wurde der k. k. priv. Südbahngesellschaft die Bewilligung zum Bau der Brennerbahn nach dem Projekt des Ingenieurs Etzel erteilt. Aber erst 1864 konnte tatsächlich mit dem Bau begonnen werden. Es handelt sich hier um 16 Baulose, von denen das schwierige Stück zwischen Sterzing und Freienfeld mit dem erst trocken zu legenden Sterzinger Moos von der Südbahngesellschaft in eigener Regie gebaut werden mußte. Im Jahr 1864 veröffentlicht das „Amtsblatt zum Tiroler Boten“ laufend die Edikte zur Einlösung der Grundstücke für den Bahnfoau.

Eigenartig ist, daß nachdem in den Tiroler Zeitungen in den 30 Jahren vor Inangriffnahme des Bahnbaues über den Brenner viele Artikel über diese Strecke erschienen waren, mit Baubeginn die Nachrichten spärlicher werden.

Am 1. Juni 1866 meldet der „Bote für Tirol und Vorarlberg“: „Wenig und meist Unrichtiges ist nach über Schwierigkeit und Ausdehnung des großen Werkes der Brennerbahn in die Öffentlichkeit gedrungen... Es ist uns Bedürfnis geworden... dem Publikum zuverlässigen und allgemein verständlichen Bericht über das Unternehmen zu geben...“

In den folgenden Tagen wird über Bau und Strecke informiert und mitgeteilt, daß bis zu 20.000 Arbeiter beschäftigt waren, im Winter nur 5000 bis 6000, jetzt trotz der Einberufungen des Krieges aber wieder 15.000. „Deutschtirol stellt fast keine Arbeiter“, zum größten Teil sind es Trentiner, Venezianer und Küstenländer.

Am 18. Juni 1866 erschien in den Zeitungen der Aufruf „An meine Völker“ von Kaiser Fronz Joseph. I. und am 25. Juni meldete ein Telegramm, daß mit einer Schlacht am Mincio der Krieg mit Italien begonnen habe. Der Tiroler Landsturm hatte wegen der vielen italienischen Arbeiter Sorge und erklärte, erst ins Feld zu ziehen, wenn die beim Bau beschäftigten italienischen Arbeifer entlassen seien. So mußten 14.000 Arbeiter fortgeschickt werden, was beinahe einer Baueinstellung gleichkam.

Dennoch schritten die Bauarbeiten termingemäß vorwärts, und am 21. Juni 1867 schrieb der „Bote für Tirol und Vorarlberg“: „Die Brenner-bahn ist das Friedenswerk der Jahre 1864 bis 1867.“ Am 25. Juli fuhr der erste Probebahnzug in einer Zeit von 9 Stunden 10 Minuten von Bozen nach Innsbruck.

Der neue Weg

Der Projektant des Baues, der 1812 in Heilbronn geborene Bauingenieur Carl von Etzel, hatte alle

Dispositionen für den Bau getroffen, der jedoch nacht durch ihn vollendet werden konnte, da er am 2. Mai 1865 auf der Reise von Innsbruck in seine württembergische Heimat starb. Die Arbeit führte sein Gehilfe Ing. Achilles Thommen und Ingenieur Wilhelm Pressel, der geistige Urheber der Kehrtunnelbauten zu Ende.

Als höchst gelegene Vollbahn Europas überschient die Brennerbahn in 1370 m Höhe den Brennerpaß. Bei ihrem Bau wurden 8,4 Millionen Kubikmeter Erde und Gestein bewegt, 375.000 Kubikmeter Trocken-und 520.000 Kubikmeter Mörtelmauerwerk gebaut. Unter Vermeidung kostspieliger Viadukte und Brücken und Verzicht auf eine Unter-tunnelung des Brenners erstrebte Ing. Etzel einfachste und preiswerteste Linienführung. Es gibt nur acht Brücken von mehr als 20 km Länge und nur 22 Tunnels mit 5,7 km Länge auf der ganzen Strecke von fast 125 km. Der Verzicht auf Kunstbauten und Bevorzugung von Erdbauten, Dammschüttungen und Lehnenanschnitten, die Uberwindung der Wasserläufe durch Dammdurchlässe oder Flußverlegungen statt durch Brücken und Viadukte, auch durch Bachtuimels und Wasserstollen ist ebenso kennzeichnend für die Brennerbahn wie die Aussparung der Seitentäler und Mäßigung der Steigung durch Kehrtunnels.

Aus Trient wurde am 30. August dem „Boten für Tirol und Vorarlberg“ berichtet: „Die Eröffnung der Eisenbahn über den Brenner macht sich bereits bemerkbar, indem deutsche Touristen in größerer Zahl als während der letzten Jahre erschienen, hierher einen Abstecher zu machen, um die historischen Sehenswürdigkeiten Trients zu besichtigen.“

Etwas später erscheint der erste Bericht aus Meran, am 9. September 1867: „Der Zuzug von Fremden nimmt seit Eröffnung der Brennerbahn immer größere Dimensionen an, auch der süddeutsche Klerus ist stark vertreten.“

Zuletzt, am 17. September, ist der erste Bericht aus Bozen zu lesen: „Der Fremdenverkehr auf der Bahn ist fortwährend im Steigen und der Andrang zu den FahrbMetten ist großartig, so daß ein einziger Beamter unmöglich hinreichen kann, um das Publikum zu befriedigen. Man muß sich die Fahrkarten förmlich erobern, so daß man im Gedränge Körperverletzungen riskiert, und besonders kann Frauen nicht zugesonnen werden, sich im Menschengedränge unter Stößen und Püffen ihr» Karte zu holen.“

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