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Zwei vergessene Prager Autoren

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Es gibt ihrer gewiß mehr und ich habe schon einige durch Artikel der Vergessenheit entrissen: Ernst Feigl und Liliencrons Fremdenführer Glaser.

Diesmal sollen aber Worte der Erinnerung zwei Redakteuren des ehemaligen kleinen Regierungsorgans „Prager Abendblatt” gewidmet sein… aber wer von der jüngeren Generation kennt heute noch den Unterschied zwischen der „Prager Abendzeitung” aus der Herrengasse und dem „Prager Abendblatt” aus der Karmelitergasse auf der Kleinseite, die vor Sonntagen und Feiertagen mit einer wertvollen Beilage erschien?

Dort arbeiteten neben Dr. Max Brod, der seinen amtlichen Sektionsratstitel mit der Pensionierung und Übergang zum „Prager Tagblatt” bald aufgab, die Prager Hans Regina von Nack-Meyrhofer und Dr. Hans Gerhard Schulz. Der erste feierte heuer in Wien Mitte August seinen 75. Geburtstag, und da ihn Max Brod in seinen letzten Büchern so ehrenvoll nennt, kann man ihn nicht als ganz vergessen bezeichnen. Coautor mit Max Brod beim Lustspiel „Die Opunzie”, Verfasser vieler anderer Stücke, die im Prager Dilettantenverein mit Erfolg aufgeführt wurden und verdienen würden, auch heute der Vergessenheit entrissen zu werden, war Hans Regina von Nack eine markante Persönlichkeit der Prager Gesellschaft. Mit Hans Demetz war er der Begründer das Prager literarisch-künstlerischen Vereins und Pferdesportreferent im „Prager Tagblatt”. Am Rennplatz erschien er modegerecht im grauen Cuteway mit grauem Zylinder wie ein geborene) Engländer, ein Kavalier der guter alten Zeit. Seine Stimme ist nich- verstummt, der Bergland-Verlag veröffentlicht seine Sachen in Wien, wo er der Mittelpunkt aller durchreisenden Künstler und Wissenschaftler ist Ganz vergessen ist jedoch, wie manch andere Opfer der Naziverfolgun? während der Kriegszeit, Dr. Hans Gerhard Schulz aus deutsch-jüdi scher Prager Familie. Geboren am 17. Dezember 1898, wäre er nun mehr als 70 Jahre alt. Er studierte Germanistik und Musikwissenschaften, und seine Studien machten ihn zum Experten deutscher und tschechischer Kunst aus der CSSR. Er wurde im Jahre 1931 Chef des Regierungsblättchen , das aktivistische Politik vertrat, 1937 zum Sektionschef ernannt. Am 13. August 1942 erlitt er einen tragischen Tod. Seine Witwe, zum zweitenmal verheiratet, lebt unter der Adresse Dr. Schwarz in Geretsried, Oberbayern, Egerländer- straße 21, und verwahrt seinen Nachlaß.

Mit der gesamten Autorengruppe aus Prag beschäftigt sich derzeit unter Führung des Dozenten Kurt Krolop aus Halle/Saale ein Team von jungen Germanisten der tschechischen Karlsuniversität in Prag. Diese Gruppe, die sich bereits in ihren Dissertationsarbeiten mit Ludwig Winder, E. E. Kisch, Max Brod, Franz Werfel und anderen beschäftigte, hat von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften den Auftrag erhalten, eine Dokumentation und Biobibliographie der Prager Dichterschule in den nächsten Jahren herauszugeben. Dieses Team ist mit dem Institut moderner Sprachen und Literaturen verbunden, mit der auch der Adalbert-Stifter-Forscher Professor Dr. Alois Hofman verbunden ist, der das große Stifter-Hand- schriftenarcbiv nach Prof. Sauer in Prag betreut. Gemeinsam mit diesem wird in Linz und München die neue Stifter-Ausgabe herausgegeben. Ungeklärt ist bisher, wer den Lehrstuhl für Germanistik in Prag betreuen wird. Prof. Dr. Edvard Goldstücker hat als Vorsitzender des tschechischen Schriftstellerverbandes ibgedankt. läßt sich bei germanistischen Vorlesungen vertreten und hat einen Lehrauftrag an einer englischen Universität für Germanistik übernommen, der jetzt endet. Da er wegen seiner Rolle beim politischen Frühling 1966 von den Altkommu- msten sehr angegriffen wird, muß er sich mit Beginn des Wintersemesters entscheiden, ob er weiter in Prag Kafka deuten oder Reisevortragender sein will.

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