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Das Wiener Dom- und Diözesanmuseum zeigt "Gold aus Armenien".

Nach dem Gold der Pharaonen im Kunsthistorischen Museum glänzt nunmehr "Gold aus Armenien" im Wiener Dom- und Diözesanmuseum. Damit ist letztmals Gelegenheit, die Kirchenschätze der östlichsten Christen Europas im Ausland zu bewundern. Kardinal Schönborn und der Stiftung "Pro Oriente" war es im vergangenen Jahr - als die armenische Kirche ihr 1.700-jähriges Bestehen feierte - gelungen, den Katholikos aller Armenier, Karekin II. zu bewegen, wertvolle Leihgaben aus seinem Kirchenschatz für diese Schau zur Verfügung zu stellen. Und diese rund 60 Exponate, die bis 12. Juli zu sehen sind, lohnen nicht nur einen Besuch, sondern auch die nähere Beschäftigung mit diesem interessanten Volk und seiner Kirche.

Der Legende nach sind zwei Jünger Christi, nämlich Thaddäus und Bartholomäus um 60 n. Chr. nach Armenien gekommen und haben das Evangelium verkündet. Und so findet sich auch unter den Exponaten eine Reliquie des Apostels Thaddäus, nämlich seine rechte Hand aus Silber, vergoldet und mit Edelsteinen besetzt. Eine andere Reliquie - ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert - geht noch weiter zurück: sie enthält angeblich ein Holzfragment der Arche Noah, die ja der Legende nach am Berge Ararat, dem höchsten Berg Armeniens, gestrandet ist.

Tatsächlich ist die Christianisierung der Armenier etwas später zu datieren, denn die neue Religion fand ab dem Toleranzedikt Konstantins (313) rasche Verbreitung. So wie Kyrill und Method ein Alphabet für die Christianisierung der Slawen entwickelten, so schuf der armenische Mönch Mesrop Maschtoc 406 das armenische Alphabet mit 36 Buchstaben und machte sich an die Übersetzung der Bibel. Das Konzil von Chalcedon (451) war dann Anlass für die Abspaltung der sogenannten "orientalischen" Kirchen, zu denen auch die armenische gehört, als es um die Definition Christi als Gott und Mensch "in zwei Naturen" ging. Erst 1971 einigten sich die Theologen der römisch-katholischen Kirche sowie der altorientalischen Kirchen auf eine gemeinsame Formel über die Menschwerdung Christi.

Östlichste Christen

Als östlichste Christen waren sie immer dem Iran näher als dem Abendland und hatten ihren Glauben immer wieder zu behaupten: gegen Perser, Araber, Seldschuken, Mongolen, Tartaren und Türken. Um 1900 wurde sogar versucht, in großangelegten Kampagnen dieses Volk zu vernichten. Es ist nicht gelungen und seit dem Zerfall der Sowjetunion hat das unbeugsame Volk auch seinen eigenen Staat.

Nahe der Hauptstadt Eriwan befindet sich das religiöse Zentrum Armeniens, Edschmiadsin, von wo die Kostbarkeiten stammen, die derzeit in Wien zu sehen sind. Auf über 90 Millionen Euro (rund eineinhalb Milliarden Schilling) beläuft sich der Wert der Exponate, die neben Reliquienbehältern und Schreinen auch wertvolle liturgische Geräte und Manuskripte, Elfenbeinschnitzereien, gestickte Altartücher, Reisealtäre und kostbare Goldschmiedearbeiten umfassen; eine eindrucksvolle Dokumentation armenischer Handwerkskunst. Schlichte Bronzekreuze aus dem 11. bis 12. Jahrhundert stehen neben reich verzierten vergoldeten Kreuzen aus dem 18. und 19. Jahrhundert und zeigen die Entwicklung der armenischen Goldschmiedekunst. Kelche, Weihrauch- und Ölgefäße aus verschiedenen Epochen dokumentieren die verschiedenartigen künstlerischen Einflüsse auf dieses Volk am Schnittpunkt der Kulturen. Drei durchaus verschiedene Bischofsstäbe sind gute Beispiele für die künstlerischen Variationsmöglichkeiten, die kreative Kunsthandwerker im 18. und 19. Jahrhundert realisierten. Drei Priesterkronen - ebenfalls reich verziert - weisen Ähnlichkeiten mit jüdischen Thorakronen auf.

Erstes Kaffeehaus

Ein besonders schöner Buchdeckel (Silber, vergoldet) aus dem Jahr 1671 erinnert daran, dass auch Wien eine lange und interessante armenische Tradition hat. Das Exponat stammt aus der Bibliothek der Mechitaristenkongregation, die seit 1810 im siebten Wiener Gemeindebezirk nicht nur ein Kloster sondern auch eine Druckerei betreibt, die zu den besten der Monarchie zählte. Heute beherbergt die Bibliothek die umfangreichste Sammlung armenischer Zeitungen auf der Welt und eine der größten Sammlungen armenischer Literatur, die viertgrößte Sammlung armenischer Handschriften sowie Sammlungen armenischen Gebrauchs-und Kunstgutes, Münzkollektionen und vieles mehr. Diese Institution der armenischen Kirche in Wien war nicht der einige Anknüpfungspunkt zwischen dem Habsburgerreich und Armenien.

Als "Volk ohne Land", bedroht und bedrängt von den umliegenden Völkern, wurden viele Armenier Händler. Und so erfährt man auch in dem reichbebilderten Ausstellungskatalog unter anderem, dass der erste Kaffehausbetreiber in Wien nicht der jedem Volksschüler geläufige Kolschitzky, sondern ein armenischer Kaufmann namens Owanes Astucatur war, der sich in Wien Johannes Diodato nannte. Er betrieb in der Rotenturmstraße im "Haus zur Goldenen Gans" sein Geschäft und schenkte dort bereits 1685 "ein orientalisches Getränk" - eben Kaffee - aus.

Bis 12. Juli

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