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Bevor sie Star wurde

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Der Schauspielerstand, infolge fehlender ideologischer Idealistik der Masse immer mehr als Götze angepriesen, hat sich im Lauf des Kulturverfalls seit dem Zweiten Weltkrieg die Allüren von Königen, zumindest Aristokraten zugelegt: ihr Beruf ist erblich geworden — wenn auch nicht immer das Talent (doch dieses ist heute nicht mehr notwendig, da man es zwar nicht zu ersetzen, aber infolge genügend langjähriger Routine allmählich vorzutäuschen imstande ist). Bei den Sportlern, die gelegentlich auch als Schutzschild vor dem Staatswagen hergeschoben werden, fehlt die Erbfolge noch, da hier wirkliches Können, zumindest einmal nachgewiesen werden muß: Zehntelsekunden sind meßbar, Schauspieler können dagegen „unterschiebbar“ sein. So kommt es, daß zahlreiche Kinder großer Künstler heute bei Bühne und Film vom väterlichen oder mütterlichen Ruhm naschen, ohne mehr als durchschnittlich zu sein. Doch mit der Zeit gewöhnt man sich eben an alles — selbst an Untalent. Oder man verliert das Unterscheidungsvermögen infolge allgemein sinkender Qualität...

Liza Minelli ist die Tochter der großen Judy Garland und des nicht minder bedeutenden (doch als Regisseur natürlich weitaus unbekannter gebliebenen) Vincente Minelli; kein Wunder, daß das weder sehr hübsche noch sonst überdurchschnittliche Mädchen bald mit dem Film in Berührung kam (und im Lauf der Jahre zum Star trainiert wurde). Ihren zweiten Film aus dem Jahre 1969 „The Sterile Cucko“, bekommen wir jetzt unter dem deutschen Titel „Pookie“ zu sehen, ihr erster („Charlie Bubbles“, 1968) bleibt uns noch vorenthalten. Und auch das wäre nicht geschehen, hätte nicht „Caba-ret“ einen so großen kommerziellen Erfolg gebracht, daß sogar schon das Fernsehen das Kino hohnlachend überrundet (22. Februar, 20.15 Uhr, FS 1).

„Pookie“ nun ist die Geschichte einer Studentenliebe, eine Pubertätsliebelei mit dem üblichen elegisch-negativen Ausklang, den solche Stories haben müssen, um heute — pardon, vor sechs oder sieben Jahren — zu gefallen. Hätte die „Pa-ramount“ damals schon soviel von der Magie und Überzeugungskraft gigantischer Werbung verstanden wie ein Jahr später, gäbe es eine berühmte andere „Love Story“ ... Doch ansonsten ist wirklich nichts bedeutendes an der schön photographier-ten, von einem guten Regisseur (Alan J. Pakula) geschickt inszenier-

ten, etwas langgezogenen Angelegenheit um eine erste College-Liebe. Daß aus Ehrfurcht vor der harmlosedlen Gepflegtheit des Films (oder wegen dem Star?) bei uns dafür das Prädikat „Besonders wertvoll“ vergeudet wurde — während vergleichsweise Bolls unangenehme „Ansichten eines Clowns“ nur „wertvoll“ erhielt — dokumentiert wieder einmal den Geist unserer Prädi-katisierungskommission.

Die anderen Filme der Woche, der Diamantenraub-Reißer „Die Söldner“, die humorlose makabre Mordkomödie „Mitgiftiäger“ und die abziehende Prostitutionsleitbilderzeugung „Catherine & Co.“, erreichen aber nicht einmal „Pookies“ Niveau ...

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