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Chancen als Methode
Der Marxismus ist mehr als eine Theorie politischer Ökonomie und sozialer Ethik, er ist Erwecker politischer Bewegungen. Eine solche Bewegung hat nur dann keine Zukunft, wenn sie sich selbst aufgibt. Allerdings gibt es heute keinen „Marxismus“ an sich (als monolithische Lehrmeinung hat es ihn übrigens nie gegeben), als Wissenschaft schillert er ebenso wie als geistige Grundlage politischer Parteien von rosa- bis purpurrot.
1. Als Weltanschauung schmelzen unter dem Tauwetter der Anerkennung des bestimmenden Einflusses des Übersinnlichen, der Transzendenz, auf den Menschen die Zukunftschancen des Marxismus dahin. Marxismus ist keine universelle, das Universum zu erfassen versuchende Anschauung, sondern ein Konzept für eine Revolutionierung der Gesellschafts- und Produktionsverhältnisse auf diesem Planeten. Gerade der Fortschritt der Wissenschaften läßt es als Illusion erscheinen, die gesamte Wirklichkeit in einem in sich geschlossenen Totalzusammenhang erfassen zu wollen.
2. Die dialektisch-materialistische Betrachtungsweise ökonomischer Vorgänge ist eine durchaus hand lichung und ihre wissenschaftliche Bestätigung. In diesem Prozeß wird die Ideologie entschlackt. Ideologisch wird manches als Marxismus verbrämt, was er ursprünglich nicht erstrebte, ja ablehnte. Im gleichen Verhältnis, als marxistische Thesen wissenschaftlich akzeptiert und politisch realisiert werden, wird die Ideologie abgebaut — was nicht hindert, daß trieb-, gefühls- und willensbedingt neue ideologische Fahnen aufgepflanzt werden.
3. Die Bedeutung und die zukunftsträchtige Chance des Marxismus liegen daher nicht in der Weltanschauung und nicht in seiner sozialökonomischen Ideologie, sondern in seiner Methode kritischer Gesellschaftsbetrachtung. Aktuellste Aufgabe des Marxismus wäre heute die Erarbeitung einer „kritischrevolutionären“ Theorie, wie“ auf positive und humane Weise eine maximale Befreiung des Menschen ads wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Abhängigkeit (Entfremdung) in den Formen der Gegenwart und ihrer Wandlung (unter derzeitigen Aspekten keineswegs zum Besseren) in Zukunft erreicht werden könnte.
Damit würde der Marxismus sofort attraktiver werden, denn „aus der Tatsache, daß sich eine in gewisser Hinsicht kollektivistische Gesellschaft entwickelt, in der die Institution des Privateigentums aufgehoben wird, geht noch nicht hervor, daß sie automatisch und unfehlbar den Stand erreicht, der dem Marxschen Ideal der kommunistischen Gesellschaft entspricht“. (Adam Schaff: „Marxismus und das menschliche Individuum“, Europa- Verlag. Wien. 1965.)
Die Umfrage wird in der nächsten Nummer der „Furche“ fortgesetzt.
feste Methode. Es gibt in der Wissenschaft keine absolute, unveränderliche Wahrheit. Da die Welt und mit ihr Wirtschaft und Gesellschaft nicht stehen bleiben, finden immer mehr positive Elemente des Marxismus ihre politische Verwirk
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