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Das große Dilemma
Auf dem Programm der Sem-meringtagung der ÖVP waren weniger spektakuläre Themen zu finden als auf dem Programm des einige Tage später beginnenden Parteitages der SPÖ in der Wiener Stadthalle. Der Bundeskanzler hatte die angekündigte Regierungsumbildung bereits Wochen vor der Semmeringklausur unter tatkräftiger Assistenz des ÖVP-General-sekretärs abgeblasen, und wenn personelle Veränderungen nicht mehr im Gespräch sind, wenn nur über „sachliche“ Probleme entschieden werden soll, sind Kommentare und Spekulationen dünner gesät.
Doch hinter dem traditionell ruhigen Ablauf der ÖVP-Tagung verbargen sich wichtige Diskussionen und Ergebnisse. Das gilt zunächst für den von der Regierung erarbeiteten Plan zur Generalreform des Wohnungswesens. Dieser Frage, die in den Reihen der Regierungspartei offenbar bereits ausdiskutiert ist, wxirde von den Kommentatoren aller Schattierungen die größte Publizität verliehen — obwohl der Plan kaum Überraschungen brachte, weil er im allgemeinen der Linie folgte, die von einer monocoloren ÖVP-Regierung zu erwarten war. Die ersten Angriffe der Opposition in dieser Frage machten nicht zuletzt deshalb einen eher schematischen \ und matten Eindruck. Doch Elan und Alternativen wird man erst wieder in einigen Wochen von der Opposition verlangen dürfen.
Von besonderer Brisanz war jedoch das Thema „Aktuelle Probleme des Rechtsstaates“. Nicht zufällig hielt der Bundeskanzler in diesem Arbeitskreis selbst ein grundsätzliches Referat. Im Anschluß an die Frage der Institutionalisierung der Parteien, ihres Einbaues in die Rechtsordnung, kam ein Problem von besonderer Dringlichkeit zur Sprache: die Parteifinanzierung.
Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, daß die Parteien mit den traditionellen Mitteln der Parteifinanzierung — Beiträge und Spenden — nicht mehr ihr Auslangen finden. Die wachsenden Kosten für die Wahlkämpfe und die Parteiapparate zwingen die Parteien, nach einer neuen Quelle Ausschau zu halten. Gewisse Mißstände, die im Zusammenhang mit den Korruptionsskandalen in letzter Zeit an die Oberfläche kamen, haben diesen Wunsch der Parteien, sich neue Mittel zu erschließen, noch verstärkt. Und die neue Quelle glaubt man bereits gefunden zu haben: Der Staat soll als ultima ratio seinen Trägern, den demokratischen Parteien, aus dem finanziellen Dilemma helfen. Der Staat soll dafür sorgen, daß die Parteien nicht gezwungen sind, zwielichtige Wege zur Parteifinanzierung einzuschlagen.
Der erste Schritt zur Parteifinanzierung aus Staatsmitteln ist in aller Stille bereits gemacht: Das Budget 1967 stellte den Parteien auf dem Umweg über die Parlamentklubs rund sieben Millionen Schilling zur Verfügung. Die Diskussion wird sich in Zukunft auch nicht mehr daran erhitzen, ob, sondern wie der Staat die Parteien finanziell unterstützen wird. Daß der Staat die Parteien indirekt, durch die Gewährung von Steuerfreiheit für Parteispenden, fördern soll, scheint jedenfalls nicht die sauberste Lösung zu sein; das deutsche Bundesverfassungsgericht hat 1958 diese indirekte Form der Parteifinanzierung durch den Staat unter Berufung auf den Gleichheits-grundsatz als verfassungswidrig bezeichnet. Die Lösung, die wirklich Zukunft hat, kann nur die direkte Form der Subventionierung sein. Denn nur dann ist ein Mehr an Kontrolle möglich, nur dann kann den Parteien gegenüber als Gegenleistung für die finanzielle Besserstellung ein Mehr an Verantwortung verlangt werden.
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