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Die „schrittweise Erstickung“

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Obwohl im Vergleich mit den anderen Konfessionen schwach, zählte der Katholizismus in China vor der Revolution von 1949 rund drei Millionen Gläubige. Das damalige China umfaßte 144 kirchliche Regionen, deren größter Teil europäische Prälaten als Bischöfe hatten. Die ersten sechs chinesischen Bischöfe wurden von Pius XI. 1926 geweiht, und 1946 errichtete Pius XII. die katholische Hierarchie in China.

Das Regime hat nicht einmal — wie die UdSSR — versucht, im Ausland einen guten Eindruck zu erwecken. Die religiösen Schulen wur den im März 1951 beschlagnahmt. Dann wurde, kurz vor der Ausweisung des Nuntius Mgr. Riberi, der Katholizismus dem System der drei Autonomien unterstellt: 1. Die Kirche von China rekrutiert ihr Personal selbst; 2. die Kirche von China darf keinerlei Hilfsgelder aus dem Ausland empfangen; 3. die Kirche von China muß das Christentum selbst in chinesischer Sprache und mit chinesischer Liturgie und Theologie verbreiten. Am 2. August 1957 wurde die sogenannte Vereinigung vaterländischer chinesischer Katholiken. unter dem Vorsitz von Mgr. Pi

Chu-chi, Erzbischof von Mukden, gegründet. Die Verbindung zum Vatikan wurde zugleich abgebrochen.

Prälaten, Priester, Mönche, die sich dieser Kontrolle des Vaterlands widersetzten, wurden verhaftet, abgeurteilt, eingesperrt. Sie sind jetzt noch im Gefängnis oder in Lagern. Aber die Begründungen für diese Verhaftungen sind niemals religiöser Art — da ja die Verfassung die Freiheit der Meinung garantiert! — sondern wirtschaftlicher und sozialer: konterrevolutionäre Tätigkeit, Ausbeutung von Arbeitskräften, geheimes Einvernehmen mit den Imperialisten!

Seither von mehreren anderen gefolgt, fanden am 13. April 1958 trotz der formellen Ablehnung aus Rom die ersten- durch einen rechtmäßigen Prälaten, Mgr. Ignatius Pi Chu-chi; Erzbischof von Mukden, vorgenommenen Weihen chinesischer Bischöfe statt.

Nach Jahren Verfolgungen aller Art lebt die Kirche von China noch mit ungefähr 300 chinesischen Priestern. Da Rom 42 seit zehn Jahren vorgenommene Bischofsweihen nicht anerkannt hat, haben von den heute bestehenden 138 Diözesen nur 10 einen Bischof; 9 Bischöfe sind im Gefängnis, 12 sind „verhindert“, 17 sind lediglich Stellvertreter, und 89 Diözesen sind ohne Bischof.

Die Kirche von China ist nicht tot. Die vorläufige und streng begrenzte Duldung, die sie noch genießt, ermöglicht ihr zu leben — genauer gesagt zu vegetieren. Aber wie lange noch? Die Frage stellt sich mit besonderer Schärfe zu einem Zeitpunkt, da die Roten Garden verkünden: „Die Religion ist ein Hemmnis auf dem neuen Weg der chinesischen sozialistischen Wirtschaft.“

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