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Prosa, Dramen und Briefe von Robert Musil

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In seinem letzten Lebensjahr (1942) entwarf Robert Musil den Plan zu einer zehnbändigen Gesamtausgabe seiner Werke. Man weiß, daß es zur Ausführung dieses Projekts damals nicht kommen konnte und daß das Gesamtwerk Musils praktisch nicht existent war, bis der Rowohlt-Verlag vor fünf Jahren mit der Publikation der großen dreibändigen Ausgabe begann, die nunmehr abgeschlossen ist. Wohl selten hat der Herausgeber eines zeitgenössischen Dichters eine so komplizierte, verantwortungsvolle, aber auch wichtige Aufgabe zu bewältigen gehabt wie Adolf Frise. Das hängt mit den Besonderheiten von Musils Arbeitsweise zusammen (gleichzeitige, schwer datierbare Eintragungen in verschiedene Hefte, das Ineinander von Werk, Kommentar und Kommentar des Kommentars usw.) sowie mit der Fülle des im Nachlaß vorgefundenen Materials. Hierauf wurde an dieser Stelle bereits bei Besprechung der Bände I und II der vorliegenden Ausgabe hingewiesen.

Musils erstes Buch, die Pubertätsstudie „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“, von 1906, mit welcher der Band eröffnet wird, war zugleich auch Musils erfolgreichstes Werk. — Die Novellen „Drei Frauen“ wurden nach 1945 durch eine rororo-Aus-gabe bekannt, Musils Komödie „Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer“ stand vor kurzem auf dem Spielplan des Kleinen Theaters der Josefstadt im Konzerthaus, und seine „Schwärmer“ werden während der heurigen Wiener Festwochen gespielt. So ist während der letzten Jahre dies und jenes vor ein breiteres Publikum gekommen und damit die Vorbedingung auch für die Aufnahme des Komplizierten, literarisch Hochanspruchsvollen und Esoterischen geschaffen.

Das Kernstück des vorliegenden Bandes bildet der Von Robert Musil 1936 selbst herausgegebene „Nachlaß zu Lebzeiten“ (S. 447 bis 535), Studien und Bilder von einzigartiger Schärfe der Beobachtung, Musterstücke deutscher Prosa, die ergänzt werden durch eine Novelle und einige kleinere Stücke aus dem Nachlaß, die bisher in Buchform noch nicht erschienen waren. Es folgen drei kritische Studien: über den Schauspieler Moissi, eine (sehr ausführliche und positive) über Paula Groggers Roman „Das Grimmingtor“ und über Alfred Döblins epische Dichtung „Manas“ — Die „Nachträge zu den Tagebüchern“ (des II. Bandes der Gesamtausgabe) enthalten Werkkommentare und einzelne kurze Aufzeichnungen.

Das Schicksal des Menschen Musil spiegeln die Briefe und Briefentwürfe aus den Jahren 1939 bis 1942. Sie wurden größtenteils von Genf aus geschrieben und sind an die nächsten Freunde gerichtet; ergreifende Dokumente der immer größer werdenden Not, zuletzt einer ausweglosen Lage. Sie zeigen auch, wie sehr Musil an der Unterschätzung und Verkennung seines Werkes gelitten hat. Die wenigen Freunde, die bis zuletzt zu ihm hielten und dem Verzweifelnden Trost und materielle Hilfe spendeten, seien hier genannt: allen voran der unermüdlich hilfsbereite Züricher Pfarrer Robert Lejeune, Klaus Pinkus sowie Fritz und Marian Wötruba. — Unter den Adressaten erscheint nicht Martha Musil, Robert Musils Frau, die immer mit ihm war: dem „Schwierigen“ und „geborenen Melancholiker“, wie er sich selbst charakterisierte. Sie alle haben die physische Existenz eines großen Schriftstellers ermöglicht, dem ein ehrenvoller Platz in der Literatur unseres Jahrhunderts sicher ist. Dank für die Betreuung des Werkes von Robert Musil — dazu in so vorbildlicher Form — gebührt dem Rowohlt-Verlag, der mit dieser Ausgabe auch der österreichischen Kultur ein Geschenk von bleibendem Wert gemacht hat.

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