
Suche nach der Schmerzsprache
Fünf Jahre nach ihrer letzten Publikation hat die Grazer Autorin Valerie Fritsch mit „Herzklappen von Johnson & Johnson“ nun einen Familienroman veröffentlicht. Darin wird jahrzehntelanges Schweigen zum Auslöser für Trauerarbeit.
Fünf Jahre nach ihrer letzten Publikation hat die Grazer Autorin Valerie Fritsch mit „Herzklappen von Johnson & Johnson“ nun einen Familienroman veröffentlicht. Darin wird jahrzehntelanges Schweigen zum Auslöser für Trauerarbeit.
„Es herrschte ein Schweigen, das man entlarven wollte, eine Stille, die zornig machte. Jedes Kind spürt die Lüge im Ungesagten. Und die Angst.“ Kindheit und Familie als Orte des Schweigens. Man will die Vergangenheit zudecken, vergessen, ihr niemals eine Sprache schenken, weil das Sich-Erinnern zu viel Schmerz bedeutet hätte. Nach ihrer höchst erfolgreichen Veröffentlichung „Winters Garten“ und dem Publikumspreis bei den „Tagen der deutschsprachigen Literatur“ hat die Grazer Autorin und Fotokünstlerin Valerie Fritsch nun ei
nen auch jetzt bereits wieder viel beachteten Familienroman mit dem ungewöhnlichen Titel „Herzklappen von Johnson & Johnson“ herausgebracht.
Mit diesem motivisch dichten Werk knüpft sie unmittelbar an eine literarische Tradition an, in der Trauerarbeit und Vergangenheitsbewältigung nach dem Zweiten Weltkrieg im Zentrum stehen. In Österreich hat der Opfermythos die Frage nach der kollektiven Schuld bekanntlich lange Zeit verdrängt, die Auseinandersetzung damit erfolgt damals erst relativ spät. In diesem Roman ist bereits die Enkelgeneration am Wort, die sich dem Schweigen der Täter und der fehlenden Scham widersetzt. Die hier dargestellten Familienmitglieder porträtiert Fritsch in einzelnen Kapiteln bezogen auf ihre wichtigsten biografischen Wegmarken. Ihr geht es, wie sie in einem Interview erläutert, neben dem Schweigen vor allem um die Sprachlosigkeit, die sie „in Sprache zu gießen“ versucht habe: „Wenn die Sprache fehlt, kommt auch keine Nähe zustande.“
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