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Ein Bildertraum

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Kunst besitzt jede Freiheit, kennt keine Beschränkungen: man kann etwas, selbst vergangene Ereignisse, auf die verschiedenste Art wiedergeben, historisch oder historisierend, fantastisch oder realistisch, psychologisch, ja sogar sexualpsychologisch, oder romantisch — wie dies 1934 Rouben Mamoulian bei seiner heute noch unvergessenen Gestaltung der „Königin Christine“ mit der Garbo tat. Die künstlerische Darstellung folgt keinen historischen Zwängen — also kann man das Leben der legendären schwedischen Königin, die 1654 abdankte, 1655 zum katholischen Glauben übertrat, meist in Rom lebte und dort auch 1689 starb, durchaus auch so sehen wie Ruth Wolff in ihrem nunmehr verfilmten Bühnenstück „The Abdication“ (Der Verzicht — was besser als „Die Abdankung“ wäre, da dies Wort gleich mehrere Bedeutungen besitzt) mit Liv Ulimann in der Hauptrolle. Es wird hier versucht, das Leben der Königin vom Psychologischen her zu erklären: ihren Thronverzicht, ihre Kinderlosigkeit, ihren Abscheu vor dem Mann, ihr ganzes sonderbares, sehnsüchtig-einsames und rätselhaft stolzes Leben. Wenn auch manches nicht stimmt (historisch), wenn auch das Stück manchmal — besonders gegen Schluß — in etwas hilflose Trivialität abgleitet, so ist doch die Thematik hochinteressant und glaubhaft möglich.

Was den Film aber besonders vom Durchschnitt abhebt, ist (abgesehen davon, daß man ihn in Originalfassung zu sehen bekommt) seine grandiose und faszinierend-schöne optisch-filmische Gestaltung: wie

hier die Farben leuchten (in Roms Purpurgewändern), pastellfarben schimmern (in den Palästen), graublau kalt-frostig erstarren (in der nordischen Heimat) und wie nebelige Lichteinfälle eine Atmosphäre der unheimlichen Bedrückung erzielen, das ist so meisterhaft, daß hier eine Bildgestaltung erreicht ist, die zu den optischen Sternstunden zählt... Daß die ansonsten mit überbewertenden Prädikaten unverständig freizügig um sich werfende Film-prädikatisierungskommission hier einmal wieder mit „Blindheit“ geschlagen war und diesem wahrhaften Film b i 1 d kunstwerk nicht einmal ein „sehenswert“ zubilligte, ist grotesk (und dabei wollen wir höflichkeitshalber optische Blindheit annehmen, was immer noch besser ist als mangelndes Filmverständnis! Oder war es die „unverständliche“ fremde Sprache?).

Ein gewisser Michael Cimino gibt in „Den Letzten beißen die Hunde“ seine Visitenkarte als Filmregisseur ab; den Namen wird man sich merken müssen. Wie er diesen (zugegeben: moralisch nicht einwandfreien, weil in der Sympathiewerbung für die beiden Kriminellen sehr schief liegenden) spannenden Abenteuerthriller mit dem Hintergrund einer Männerfreundschaft logisch und geschickt geschrieben und inszeniert hat, verdient Anerkennung und Beachtung von Freunden des Kriminalfilmgenres ä la „Rififi“. Daß Härte und Brutalität seit 20 Jahren enorm zugenommen haben, ist ebenso bekannt wie bedauerlich.

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