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EIN RAUM VOLLER LEBEN

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Boden - dieser geläufige Begriff bezeichnet im wahrsten Sinne des ' Wortes etwas Fundamentales. Denn der Boden ist das Fundament, auf dem wir stehen und uns fortbewegen, auf dem wir Bauwerke errichten. Im folgenden aber soll nur von jener dünnen, obersten Schichte der Erdoberfläche die Rede sein, welche deswegen die fundamentale Grundlage unseres Lebens darstellt, weil sie der Lebensraum der grünen Pflanzen ist. Diese wiederum sind Nahrung für Mensch und Tier sowie Lieferanten von nachwachsenden Nutz- und Rohstoffen. Damit ist der Boden eines der kostbarsten Kapitale, über das die Menschheit verfügt.

Er ist ein hochkomplexes Gebilde, dessen Erforschung sich überraschenderweise erst in den Anfangsstadien befindet. Seine Entstehung vollzog sich in erdgeschichtlichen Zeiträumen: Durch verschiedene physikalische Vorgänge wie Wasser- und Windeinflüsse sowie Temperaturschwankungen verändert sich das Gestein an der Erdoberfläche (vor allem wird es zerkleinert). Dabei werden Nährstoffe für die Ansiedlung einfacher Pflanzen verfügbar.

In jahrtausendelanger Entwicklung entstand so eine immer vielfältigere und dichtere Pflanzendecke. Sie erzeugte ihrerseits wieder Abfallprodukte. In diesen siedelten sich wiederum zahllose Kleinlebewesen an und erzeugten durch Umwandlung der abgestorbenen organischen Substanz Humus. Dadurch werden die im Boden vorhandenen Stoffe so aufbereitet, daß

sie auch höheren Pflanzen als Nahrung dienen können.

Dem ungeschulten Blick erscheint der Boden wie eines von vielen Mate-rialen mit unterschiedlicher Färbung und Zusammensetzung. Jeder Boden ist aber Spiegelbild seiner Geschichte und meist schichtenförmig aufgebaut. Je nach Art dieses Aufbaus unterscheidet man typische Formen von Bodenprofilen, die als Bodentypen bezeichnet werden (siehe Seite 12).

Bei genauerer Untersuchung erweist sich der Boden als ein mit Wasser, Luft und Lebewesen durchsetztes Gebilde, das aus einer Unzahl von mineralischen und organischen Substanzen besteht und in dauernder Umwandlung begriffen ist. Wie sich diese Zusammensetzung mengenmäßig bei einem Grünlandboden darstellt, zeigt die Graphik.

Lebensraum Humus

Den für den Menschen wichtigsten Teil des Bodens macht die organische Substanz aus. Sie besteht aus Humus. Dieser enthält einerseits abgestorbene Pflanzenreste und andererseits neue, durch Humifizierung entstandene Stoffe. In diesem Bereich des Bodens ist der Stoffumsatz am intensivsten, denn hier spielt sich ein Großteil des Bodenlebens (lebende Pflanzenwurzeln und Bodenlebewesen) ab.

Welches sind nun die wichtigsten Lebewesen im Boden? 40 Prozent des Gewichts machen Pilze und Algen aus, weitere 40 Prozent bestehen aus Bakterien. Die Mehrzahl der Bakterien kann leichter zersetzbare kohlenstoff- undstickstoffhaltige organische Substanz verwerten. Daneben abergibtesauch „Spezialisten" - etwa solche, die Schwefel, Eisen oder andere Metalle zu höherwertigen Verbindungen oxidieren können.

Die Bakterien benötigen organische Substanz, die sich leicht verarbeiten läßt. Um voll zur Geltung zu kommen brauchen sie ausreichende Feuchtigkeit, eine geeignete (nicht zu tiefe) Temperatur und eher basische bis schwach saure Böden. An trockenen und sauren Standorten werden sich eher Pilze wohlfühlen. Diese können auch schwerer „verdauliche" organische Verbindungen verarbeiten.

Die oben erwähnten nüchternen Prozentangaben sind allerdings weniger eindrucksvoll als ihre Umrechnung auf Mengen, die in einem Hektar fruchtbaren Ackerbodens anzutreffen sind. Dieser beherbergt etwa im Durchschnitt zehn Tonnen Bakterien oder vier Tonnen Regenwürmer (ihnen kommt eine besonders wichtige Rolle für die Bodenfruchtbarkeit zu, bewirkt doch ihre Wühltätigkeit eine Durchlüftung des Bodens), 40 Kilo Schnecken und 50 Kilo Tausendfüßler! (näheres siehe Graphik Seite 14) Die Bodentiere haben eine wichtige Aufgabe: Sie zerkleinem die vorhandene organische Substanz mechanisch. Erst nach dieser Vorbearbeitung läßt sie sich gut durch die Mikroorganismen weiter abbauen, wodurch pflanzenverfügbare Nährstoffe und Kohlendioxid bereitgestellt werden. Diese gesamte vielfältige Lebenswelt ist somit entscheidend wichtig für die Fruchtbarkeit der Böden.

Das Bodenleben ist jedoch auf das Vorhandensein von Wasser und Luft angewiesen. Ohne sie ist die Tätigkeit der Bakterien - aber nicht nur sie -beeinträchtigt. Fehlen Wasser und Luft, dann verringert sich auch die Nährstoffbereitstellung für die Pflanzen. Die Luft im Boden ist allerdings anders zusammengesetzt als in der Atmosphäre: weitaus mehr Kohlensäure (bis zu 20mal mehr), aber weniger Sauerstoff.

Was die Pflanzen brauchen

Alle 92 natürlichen Elemente sind im Boden enthalten. In den Pflanzen sind jedoch nur 40 bis 50 von ihnen nachweisbar. Als unentbehrliche Nährelemente, die aus dem Boden stammen, sind wiederum nur 13 zu bezeichnen. Diese Nährelemente werden in Ionen-Form von den Pflanzen aufgenommen. Nach der von den Pflanzen benötigten Menge, unterscheidet man die Hauptnährelemente • (Stickstoff, Phosphor, Kalium, Schwefel, Calcium und Magnesium) und die Spurennährelemente (Bor, Molybdän, Chlor, Eisen, Mangan, Zink und Kupfer).

Zu diesen 13 Elementen kommen noch die für das Pflanzenleben unentbehrlichen und anteilsmäßig dominierenden, aber aus dem Kohlendioxid und dem Wasser stammenden Elemente Kohlen, Sauer- und Wasserstoff. Alle übrigen Elemente stehen nicht mit lebenswichtigen Funktionen der Pflanzen in Beziehung, können aber durchaus nützlich sein.

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