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Friede ist nicht out

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.Jfriedenssehnsucht ist out, AIDS und Waldsterben haben Abrüstung und Pazifismus als Tischgespräch längst überholt“, belehrte uns dieser Tage ein österreichisches Nachrichtenmagazin.

Bitte sehr, keinem sei sein Tischgespräch verpfuscht. Es dürften aber die Sorge um Menschensterben und die Blutseuche Atomkrieg immer auch noch ihren Anwert haben. Deshalb muß der Sowjetvorschlag zum Thema Rüstungskontrolle, von KPdSU-Chef Michail Gorbatschow in flotter westlicher PR-Manier in Paris serviert, aufmerksam studiert werden.

Gorbatschow schlug eine Halbierung aller nuklearen Sprengköpfe vor. Der Bezug auf Sprengköpfe und nicht auf Trägersysteme kommt alten westlichen Wünschen entgegen. Außerdem haben die USA 1983 und wieder im März 1985 ähnliche Vorschläge gemacht: Reduktion auf je 5000 Offensivsprengköpfe, davon höchstens die Hälfte auf erdgestützten Raketen.

Der Sowjetvorschlag käme einer Reduktion auf etwa 5000 gleich - mit 60 Prozent Erdanteil. Das wäre eine Ausgangsposition für Verhandlungen. Pferdefuß ist die Einschränkung auf Systeme, „die das Territorium der jeweils anderen Seite erreichen können.“ Amerikanische Flugzeugträger, Per-shing-Raketen und Marschflugkörper würden darunterfallen, russische SS-20 nicht.

Immerhin: Auch hier scheint ein Verhandlungsansatz gegeben. Gorbatschow hat ja auch mitgeteilt, derzeit seien „nur“ 243 der SS-20-Raketen gegen Westeuropa in Stellung gebracht - so viele wie im Juni 1984. Die seither nachgerückten 27 Monsterraketen habe man wieder entschärft. Und über alle wolle Moskau mit Frankreich und Großbritannien reden.

Das ist ein primitiver Versuch, in die NATO-Front einen Keil zu treiben. Erstaunlicherweise reagierte US-Präsident Ronald Reagan weniger ablehnend als Paris und Moskau. Aber auch hier ist die sowjetische Seite, die das westeuropäische Atomraketenarsenal zuschlug, flexibler geworden.

Schließlich verlangen die Sowjets ein totales Verbot von Weltraumkernwaffen. Hier wird der Hauptstreitpunkt beim Reagan/Gorbatschow-Gipfel liegen. Wird Moskau mit einer Absichtserklärung zufrieden sein und US-Tests vorläufig noch zulassen — weil es seinerseits damit schon weit gekommen ist? Wird Washington den iJtrieg der Sterne“ weiter als Verhandlungsfaustpfand nutzen (was offensichtlich etwas gebracht hat) oder sich in eine Prestigesackgasse ohne Ausweg manövrieren?

Man darf zittern, bangen und sehr wohl auch hoffen.

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