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Keine Spur vom starken Mann
Die außerordentliche Regierungssitzung, die einen Tag später von Premierminister Begin einberufen worden war, tagte zwar einige Stunden lang, doch beschloß sie - wie so oft in ihrer dreieinhalbjährigen Vergangenheit - nichts zu beschließen. Ministerpräsident Begin, der direkt nach dieser Sitzung von vorverlegten Wahlen gesprochen hatte, hüllte sich inzwischen in Schweigen und ließ seine Minister neue Möglichkeiten erwägen, die stark angeschlagene Koalition noch einmal zusammenzukitten. Wohnbauminister David Levy behauptete, Begins Likud-Wahlblock hätte wieder 63 der 120 Knessetmitglieder hinter sich. Doch auch die oppositionelle Arbeiterpartei wollte schon 60 Stimmen für eine Vorverlegung der Parlamentswahlen zählen.
Auch wenn sich im Parlament wieder eine zeitweise Unterstützung für die Regierung finden sollte, sind sich das Volk sowie die Presse einhellig darüber, daß Begins Regierung endgültig abgewirtschaftet hat. Im Juni, wenn aller Voraussicht nach die nächsten Wahlen stattfinden werden, wird Begin von den Wählern dafür die Quittung präsentiert erhalten.
Die mit vielen Hoffnungen vor dreieinhalb Jahren eingesetzte Regierung, mit Menachem Begin und seiner Cherut-Partei an der Spitze, erweckte damals viele Hoffnungen. „Endlich ist der starke Mann da, der mit der Schlamperei der Arbeiterpartei aufräumt“ hieß es in der Presse.
Doch Herr Begin entpuppte sich als schwächlicher Ministerpräsident. Vielleicht war es seine Krankheit, die ihn nachgiebig stimmte, vielleicht nahm er auf seine Ministerkollegen zu viel Rücksicht - doch von dem entschlossenen, energischen, zielstrebigen Begin, der auf alle autoritär wirkte, war nichts mehr zu spüren.
Die wichtigste Errungenschaft dieser Regierung war und bleibt allerdings der Friedensschluß mit Ägypten. Das Ziel jedoch, das Begins Partei und er selbst anstrebten - nach Rückgabe der Sinai- Halbinsel die besetzten: Gebiete von Judäa und Samaria mit Sadats Hilfe beibehalten und vielleicht später durch Israel annektieren zu können - zerschellte bald. Ja, durch Begins offensive Siedlungspolitik fanden die palästinensischen Nationalisten, insbesondere die PLO, nur noch mehr Anhänger in den besetzten Gebieten.
Einen ökonomischen Umschwung nannte die Likud-Regierung ihre neue Finanz- und Wirtschaftspolitik. Es wurden alle Devisenkontrollen aufgehoben, Subsidien gestrichen und Exportzuschüsse annulliert. Doch war das Resultat ernüchternd: die 30-prozentige Inflation, die man auf diesem Weg bekämpfen wollte, schnellte bis zu 180 Prozent im Jahre 1980 empor. So hatte
dieser Berg wirtschaftlicher Versprechungen nur eine kleine Maus geboren.
Die Regierung wollte auch auf dem Erziehungsgebiet Großes leisten: Es wurde eine kostenlose Mittelschulerziehung eingeführt und - was wichtiger wate der Status der Lehrer sollte gehoben werden.
Gerade dieses Vorhaben aber führte nun zum Rücktritt des Finanzministers, denn eine Gehaltszulage für die Lehrer würde alle anderen akademischen Berufsschichten zu weiteren Forderungen ermuntern. Also bleibt auch dieses Vorhaben auf dem Papier.
Begin wollte seinerzeit eine Regierung bilden, die als moralisches Vorbild für das jüdische Volk dienen sollte. Doch brachten lautstarke Skandale während der Kabinettssitzungen die Regierung schnell in häßlichen Verruf.
Schlimmer noch: Begins Religionsminister soll wegen Korruption angeklagt werden. Aber auch andere Minister nützten ihre Positionen in Begins Kabinett zu Privatgeschäften aus. Acht Minister traten aus dem Kabinett zurück:
• Der erste war der fähige Transportminister Meir Amit im September 1978.
• Einefi Monat danach trat der damalige Handelsminister Jigal Horwitz zurück, weil ihm der Friedensvertrag mit Ägypten nicht paßte.
• Im Oktober 1979 schied Außenminister Mosche Dayan freiwillig aus der Regierung, nachdem er seinen eigenen Autonomieplan nicht hatte durchführen können.
• Wochen später, im November 1979, war es Finanzminister Simcha Ehrlich, weil er im Kabinett seine Finanzpolitik nicht realisieren konnte.
• Im Mai 1980 trat Verteidigungsminister Eser Weizman zurück. Der Grund: Menachem Begin entpuppte sich als unfähig, das Volk zu führen.
• Zwei Monate darauf war Justizminister Tamir an der Reihe. Er wollte noch rechtzeitig vom sinkenden Schiff abspringen.
• Arii 28. Dezember 1980 schied Energie- und Kommunikationsminister Izchak Modai von seiner Position als Kommunikationsminister aus, weil er nicht die neue Post- und Telefongesellschaft gründen durfte.
Drei der demissionierten Minister haben andere Regierungsfunktionen übernommen, doch zum Schluß trat Horwitz, der als Handelsminister seinerzeit abtrat, auch als Finanzminister zurück.
Nun wird Begins Via Dolorosa der Rücktritte in seinem Kabinett erst dann ein Ende gesetzt werden, wenn sein Kabinett zur Übergangsregierung wird. Dann darf keiner mehr austreten ...
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