Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Begins „GroMsrael-Traum“ isoliert den Judenstaat
Nahost-Gespräche zwischen Sadat, Peres, Brandt und Kreisky in Wien, Verhandlungen zwischen Weizman, Gamassi und Sadat auf Schloß Fuschl in Salzburg: Der scheinbar ab-geflaute Nahost-Dialog ist wieder in vollem Gang, ausgetragen auf neutralem Boden - in Österreich. Daß gerade dieser Kleinstaat im Herzen Mitteleuropas in letzter Zeit wiederholt Austragungsort der Gespräche war, daß dessen Regierungschef Kreisky die Nahost-Kontrahenten erneut zusammen an einen Tisch brachte, kam für viele politische Beobachter nicht überraschend. Denn es ist längst eine Tatsache geworden, daß von den Großmächten - vor allem von den USA - keine entscheidenden Impulse zur Lösung des Nahost-Konfliktes mehr ausgehen. Zu sehr verschlechtert haben sich die Beziehungen.
Nahost-Gespräche zwischen Sadat, Peres, Brandt und Kreisky in Wien, Verhandlungen zwischen Weizman, Gamassi und Sadat auf Schloß Fuschl in Salzburg: Der scheinbar ab-geflaute Nahost-Dialog ist wieder in vollem Gang, ausgetragen auf neutralem Boden - in Österreich. Daß gerade dieser Kleinstaat im Herzen Mitteleuropas in letzter Zeit wiederholt Austragungsort der Gespräche war, daß dessen Regierungschef Kreisky die Nahost-Kontrahenten erneut zusammen an einen Tisch brachte, kam für viele politische Beobachter nicht überraschend. Denn es ist längst eine Tatsache geworden, daß von den Großmächten - vor allem von den USA - keine entscheidenden Impulse zur Lösung des Nahost-Konfliktes mehr ausgehen. Zu sehr verschlechtert haben sich die Beziehungen.
Der deutsche Bundesaußenminister Hans Dietrich Genscher sprach von besonderen Beziehungen der Bundesrepublik zu Israel und von freundschaftlichen Gefühlen, die er für Israel empfinde. Der amerikanische Vizepräsident, Walter Mondale, der kurz nach dem Genscher-Besuch nach Israel kam, verabschiedete sich von dem Judenstaat mit einem Zitat des Begründers der zionistischen Bewegung, Dr. Theodor HerzL Auch er betonte die besonderen Verpflichtungen, die die USA Israel gegenüber habe. Doch die höflichen Floskeln der beiden Diplomaten konnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich ein immer tieferer Abgrund zwischen Israel und der westlichen Welt auftut
Der ursprünglich als Freundschaftsbezeugung gedachte Besuch des amerikanischen Vizepräsidenten Walter Mondale anläßlich des 30jähri-gen Bestehens des Judenstaates betonte in Wirklichkeit die tiefen Meinungsverschiedenheiten, die heute zwischen den Vereinigten Staaten und Israel herrschen. Dadurch haben es auch die EG-Länder bei ihrer Distanzierung von Israel viel leichter.
Die Meinungsverschiedenheiten mit Washington haben bereits zur Zeit der Arbeiterparteiregierung, an deren Spitze Yizhak Rabin gestanden war, begonnen. Doch bis zu Begins Aufstieg nach den israelischen Neuwahlen vor etwa einem Jahr versuchten die USA wenigstens teilweise die Rabin-Version zur Lösung der Nahost-Frage zu akzeptieren. Die Arbeiterparteiregierung war bereit, Gebiete in Westjordanien und im Gaza-Streifen den
Arabern zu überlassen, unter Beibehaltung militärischer Stützpunkte zwecks Absicherung der Grenzen.
Menachem Begin, der an der Spitze der rechtsradikalen Cherutpartei steht, hat den politischen Blick scheinbar immer in die Vergangenheit gerichtet. Fast jede Rede beginnt er mit Aufzählungen der jüdischen Leidensgeschichte. Er erinnert auch immer wieder an das von Gott versprochene Groß-Israel. In seinem mystischen Glauben ist er überzeugt, daß die Vorsehung ihm die Mission auferlegt habe, das Heüige Land für die Juden zu wahren.
Also war es nur verständlich, daß Begin nach der Machtergreifung vor einem Jahr einen neuen Plan für die besetzten Gebiete ausarbeitete, der alle Fliegen mit einem Schlag treffen sollte. Auch hatte er den Beschluß 242 akzeptiert, allerdings mit einer äußerst komisch anmutenden Interpretation. Danach würde er den Arabern Autonomie geben, was in seinen Augen der Selbstbestimmung gleichkommt, die besetzten Gebiete aber weiterhin unter israelischer Herrschaft belassen. Begin hat dafür gesorgt, daß das ganze Land der jüdischen Ansiedlung offensteht. Das einzige Manko dabei: Es gibt zu wenige potentielle Ansiedler.
Auch die frühere Arbeiterparteiregierung hatte in den besetzten Gebieten Siedlungen errichtet Es handelte sich dabei jedoch um Ansiedlungen, die gleichzeitig als militärische Stützpunkte dienen sollten. Begin und die Religionsfanatiker des Gush-Emunim, die Neuansiedlungen in ganz Groß-Israel propagieren, versuchen sich aber
im Zentrum der arabischen Bevölkerung anzusiedeln. Ihre Neuansiedlungen, die nicht einmal eine wirtschaftliche Basis haben, stellen eine dauernde Provokation für die Ortsbevölkerung dar.
Begin versuchte die Amerikaner davon zu überzeugen, daß nur seine Interpretation des UNO-Beschlusses die richtige und sein Autonomieplan die einzig mögliche Lösung der Palästinenser-Frage sei. Er blieb hartnäckig und ähnlich wie Ägypten, das seinen Friedensplan als Verhandlungsbasis sehen will, betont Begin: „Alles steht zu Verhandlungen offen!“ Aber Israel ist nicht bereit, sich aus irgendeinem Gebiet von Westjordanien oder dem Gaza-Streifen zurückzuziehen. Jedenfalls hat weder die Außenwelt noch die Opposition innerhalb Israels diesen maximalistischen Plan angenommen.
Die israelische Lobby im amerikanischen Senat hatte bis vor kurzem eine Anzahl Senatoren, die sich für Israel einsetzten. Doch Begins hartnäckige Linie hat die Freunde Israels im Senat und einen sehr großen Teil der jüdischen Gemeinden in den USA vor den Kopf gestoßen. Sie sind nicht mehr bereit, den israelischen Standpunkt unbedingt zu unterstützen.
Solange das Begin-Kabinett nur dazu bereit ist, einen Friedensplan vorzubringen, der in den Augen der Araber indiskutabel ist, kann weder die Beteuerung Begins, daß man über alles verhandeln könne, noch die Tatsache, daß man sich trifft, die heikle Situation im Nahen Osten ändern.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!