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Nahost: Durchbruch oder neuer Krieg?

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In gewisser Hinsicht geht es hei allen drei Staatsoberhäuptern, die am 5. September in der amerikanischen Präsidenten-„Sommerfrische“ Camp David Zusammentreffen, ums politische Überleben. Die radikalen Palästinenser tun alles, um durch blutigen Massenterror die Konferenz hochgehen zu lassen, noch ehe sie begonnen hat. Und ja, gewiß: Um den Frieden in Nahost und das richtige (nicht nur das politische) Leben von Tausenden Menschen geht es auch. Darum vor allem.

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In gewisser Hinsicht geht es hei allen drei Staatsoberhäuptern, die am 5. September in der amerikanischen Präsidenten-„Sommerfrische“ Camp David Zusammentreffen, ums politische Überleben. Die radikalen Palästinenser tun alles, um durch blutigen Massenterror die Konferenz hochgehen zu lassen, noch ehe sie begonnen hat. Und ja, gewiß: Um den Frieden in Nahost und das richtige (nicht nur das politische) Leben von Tausenden Menschen geht es auch. Darum vor allem.

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Seit Präsident Roösevelt wird das später nach dem Enkel Dwight Eisen- howers benannte Camp im Catoctin Mountain Park im welligen Hügelland des. westlichen Maryland, zwei Autostunden vom Weißen Haus entfernt, nicht nur als Landsitz regierender US-Präsidenten, sondern auch als Klausurort für hohe Staatsgäste benutzt. Nächsten Dienstag soll Camp David fast zu einem weltlichen Konklaveort werden.

Jimmy Carter will Israels Ministerpräsidenten Menachem Begin und den ägyptischen Staatspräsidenten Anwar Sadat so lange zusammensperren, bis sie sich einig geworden sind. Uber irgend etwas. Optimistische Realisten träumen von einer Grundsatzerklärung über die Prinzipien, nach denen eine umfassende Lösung für das gesamte Nahostproblem gesucht werden soll.

Der zähe Israeli, dem eben die Hälfte der 15-Mann-Parlamentsfraktion des Koalitionspartners Yadin davongelaufen ist, ist offiziell nicht direkt gegen eine solche Deklaration, will aber un-

verblümter denn je vor allem einen Separatfrieden mit Ägypten und möglichst auch mit Jordanien ansteuern.

Begin wird einen Teilrückzug der israelischen Truppen aus der Halbinsel Sinai sowie aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen, aber auch eine einseitige Aufhebung der israelischen Militärverwaltung der beiden zuletzt genannten Territorien Vorschlägen,

falls sich dafür Jordanien an einer gemischten israelisch-jordanischen Zivilverwaltung am Westjordanufer beteiligt.

Einen eigenen Palästinenserstaat lehnt Begin weiterhin ebenso entschieden ab wie einen TbtälhücRzug pus allen seit 1967 besetzten Gebieten. Die gezielte israelische Besiedlungspolitik in diesen soll weitergehen. Platzt der Gipfel, wird sich Begin zu Hause vermehrten Schwierigkeiten im Parlament, aber auch in der eigenen Regierung und in der öffentlichen Meinung gegenübersehen, wenn auch eine Krise nicht gerade um die Ecke lugt.

Das tut sie freilich im Fall des ägyptischen Präsidenten. Sadat muß, geht Camp David hoch, mit seinem Sturz rechnen, oder den wachsenden Mißmut anderer Araber durch ein neues Rüsten zum Krieg abzufangen versuchen. Das freilich würde auch den amerikanischen Präsidenten in ärgste Verlegenheit bringen, der erst vor kurzem im Senat Flugzeuglieferungen an Ägypten und Saudi-Arabien durchgeboxt hat.

Jimmy Carter, der, mit Sadat auf eine Prinzipienerklärung hinsteuemd, den

Ägypter mit dessen Verlangen nach Totalabzug der Israelis einbremsen will, hat im voraus erklärt, die USA würden diesmal nicht nur Vermittler, sondern ein „voller Partner“ sein. Begin hat ihn mit seinem Rat, es lieber bei der Rolle eines „ehrlichen Maklers“ bewenden zu lassen, postwendend zur Ordnung gerufen. Ob die Amerikaner jetzt nur Fingerhakel- und Schwitzkastentechniken anwenden oder auch einen eigenen informellen Friedensplan vorlegen werden, ist noch Sepku- lationsobjekt.

Wie sehr der ohnehin glücklose Präsident sich dabei auf eine halsbrecherische Gratwanderung eingelassen hat, zeigt ein Blick auf die innerameri- kanische,Lobby-Landschaft.

Die knapp sechs Millionen amerikanischer Juden sind in 34 einflußreichen Gruppierungen organisiert, die es bisweilen an grober politischer Erpressung - ihre Mitglieder leben in den wichtigsten Wahlkreisen und gehören zu den mächtigsten Wahlspendern - nicht fehlen lassen. Prominente Senatoren wie Jacob Javits, Henry Jackson, Edward Kennedy, Frank Church, Clif- ford Case und Abraham Ribicoff (einer von fünf jüdischen Senatoren) stehen ihnen nahe.

Erstmals in diesem Jahr hat aber auch eine lange praktisch nicht vorhandene arabische Lobby Flagge gezeigt. Sie wird unterstützt nicht nur von zwei Millionen US-Bürgern mit arabischen Vorfahren, sondern auch von einer wachsenden Zahl von Parlamentariern wie den Senatoren James Abourezk (ein libanesischer Amerikaner), Mark Hatfield und George McGo- vem sowie nicht wenigen Industriellen mit öl- und anderen Wirtschaftsin- teresseji.,i$..Njjbps.t,. $e «Mgr von prominenten Rechtsanwälten wie William Fulbright und Clark Clifford vertreten werden.

Was immer Jimmy Carter tut - es wird der einen Seite zuviel und der anderen zuwenig sein. Sein Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski formulierte wohl das Understatement des Jahres, als er nach Bekanntwerden des Gipfels von Camp David erklärte: „Offenkundig gibt es dabei auch ein Risiko-Element.“

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