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Wieder einmal ist Manna gefallen

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Wie, Frieden soll sein in dem Land, das wir das Heilige nennen? Hatten nicht Tausende Journalisten in aller Welt schon ihre Schreibmaschinen gerüstet, um über das Fiasko von Camp David und den reinen Toren im Weißen Haus zu klappern, der wieder einmal davon geträumt hatte, durch Gebet und Wunderheilung Panzer zum Abzug zu bewegen? Hatten nicht schon die kleinen Kiebitze rund um den Globus die miesen Krämerseelen ausgemacht, an denen die Einigung scheitern würde?

13 Tage und 13 Nächte lang hielt der amerikanische Präsident seine Gäste im Konklave der Catoctin Mountains verschlossen, sang Sabbatlieder mit ihnen und tafelte koscher, heß Musikkapellen aufmarschieren und stenographierte Protokolle im engsten Kreis mit eigener Hand, bis der eine den anderen wieder „Mein Freund“ nennen konnte und der dritte sie beide in seine Arme schloß.

Ein Wunder? Ein Wunder.

Denn ein Wunder ist nicht einfach, wenn eine unsichtbare Hand von oben Lüfte und Meere zerteilt Ein Wunder ist auch, wenn Heuschreckenschwärme und ein Tod aller Erstgeburt von Mensch und Tier just dann eintreten, wenn ein Pharao mit sich zu Rate geht. Oder wenn über eine schmale Landzunge zwischen dem Sumpfsee Bahr Bardawil und dem Mittelmeer ausgerechnet während des Durchzugs ägyptischer Reiter ein jäher Ostwind die aufgewühlten Wogen des Meeres peitscht.

Ein Wunder ist demnach auch, wenn Menachem Begin, der vermeintlich Unversöhnliche, nicht nur ganz Sinai den Ägyptern zurückerstatten und sich in der Frage israelischer Siedlungen vom eigenen Parlament überstimmen lassen will, sondern auch Ju-däa und Samaria, Herzstück seines religiösen Traumes von „Eretz Israel“, einem noch auszuhandelnden eigenen Schicksal überantworten will, ohne arabische Palästinenser 430 Jahre lang in Fron zu halten wie dereinst Ägyptens Pharaonen sein eigenes Volk.

Und ein Wunder ist es, wenn Anwar Sadat sich zu einem Abschluß versteht, in dem keinerlei Hinweis auf Jerusalem, den Königssitz der Dynastie Davids, die Hoffnung aufs neue verbaut

Hoffnung: Das ist die Botschaft, zu der sich zwei Männer von grundverschiedenem Zuschnitt unter dem aufrichtiger Sorge entspringenden Druck eines dritten verstanden haben - nicht mehr. Denn die Probleme mit der arabischen „Verweigerungsfront“ um Syrien und Libyen, vor allem aber mit den Terroristen der PLO, sind größer, nicht kleiner geworden. Man muß mit neuen, bitteren Rückschlägen rechnen.

Hoffnung - aber auch nicht weniger. Denn diese ist so ansteckend, daß auch professionelle Miesmacher und Saboteure sich eines Tages der Waffen gegen sie beraubt sehen können. Diesen Tag haben Carter, Sadat und Begin mit aller Kraft herbeizureden und herbei-zubeten versucht'

„Das Geheimnis des Erfolges“, verrät Montesquieu, „liegt in dem Wissen, wie lange es dauert, ihn zu erreichen.“ 13 Tage sind nicht genug. 40 Jahre lang war das Volk Moses in der Wüste unterwegs gewesen, ehe es das Land erreichte, „darin Bäche und Brunnen und Seen sind, die an den Bergen und in den Auen fließen“.

Aber wieder einmal ist Manna gefallen.

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