Nahost: Der Frieden ist nicht nur eine Aufgabe Israels

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In Nahost herrscht nun Waffenruhe. Doch was weiter? Wir legen an Israel andere Standards an als an uns selbst – und erschweren damit Lösungen, meint Aurelius Freytag. Ein Gastkommentar.

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In Nahost herrscht nun Waffenruhe. Doch was weiter? Wir legen an Israel andere Standards an als an uns selbst – und erschweren damit Lösungen, meint Aurelius Freytag. Ein Gastkommentar.

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Im Jahr 2018 luden mich Freunde zum Essen in einen Vorort von Tel Aviv. Später plauderten wir vor Sternschnuppen am Horizont. Grüße der Hamas, meinte der Hausherr, ich dachte ein Scherz, und er schaltete das TV ein. Berichte von Raketenangriffen, im Autoradio dann Alarmsirenen. Ich staunte über die Gelassenheit, Gleiches in Wien hätte Rufe nach Deportation ausgelöst.

Zuletzt kritisierten manche das Hissen der israelischen Fahne als Neutralitätsverletzung; doch wir messen mit zweierlei Maß. In ihrer Gründungscharta fordert die Hamas, alle Juden zu töten, erklärt Frieden für frevelhaft und behauptet, der Zionismus stecke hinter dem Zweiten Weltkrieg zum Zweck der Gründung eines Staats. „Itbah el-Yahud“, schlachtet die Juden, wird bei Demos gerufen. Ein Hamas-Dokument von 2017 verlangt die „Befreiung“ Palästinas von Rosh Hanikra im Norden Israels bis Eilat; „Vernichtung light“ schrieb die NZZ.

Zweierlei Maß steht uns schlecht. Israel ist die Folge dessen, dass viele unserer Ahnen wie die Hamas alle Juden morden wollten, andere zusahen, wenige halfen. Die Kirche unterschied zwischen getauften und anderen Juden, Juden erkannten, dass Assimilation und Leugnung eigener Geschichte vor Antisemitismus nicht schützen. Den Judenstaat und seine Sicherheitsinteressen nicht ernst zu nehmen, heißt, jene Schlüsse zu verraten, die wir aus unserer Geschichte ziehen müssen.

„Ausrottungskrieg und Massaker“

Den UN-Teilungsplan für Palästina von 1947 akzeptierte dessen jüdische Bevölkerung; die Arabische Liga verkündete „einen Ausrottungskrieg und ein Massaker, über das man einmal sprechen wird wie über die Kreuz­züge“. Mit Ende des britischen Völkerbundmandats rief Ben Gurion Israel aus, Transjordanien, Irak, Libanon, Ägypten und Syrien griffen, panarabisch geeint, Israel an. Die Folge des Unabhängigkeitskriegs bzw. der ­Nakba waren etwa 700.000 arabische Flüchtlinge, zur Hälfte von den Angreifern zur Umsiedlung aus Militärgründen aufgefordert, der Rest vor israelischen Truppen geflohen. Deren Betreuung übernahm die „UN Relief and Works Agency for Palestine Refugees“, und weil sie alle Nachfahren als Flüchtlinge anerkennt, umfasst das UNRWA-Mandat jetzt 5,7 Millionen Palästinenser. Ein Teil lebt im Gazastreifen und im Westjordanland, der Rest über die Welt verstreut, nichts beendet den Flüchtlingsstatus.

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