brüssel 8.10.23 - © APA/AFP/JOHANNA GERON  -  EU-Gebäude Berlaymont in Brüssel am 8.10.2023

Israel und Hamas: Tage der Verstörung

19451960198020002020

Die Ereignisse in Nahost überschlagen sich. Lösungen des Konflikts scheinen ferner denn je. Dennoch: Will sich Europa einbringen, ist nachhaltige Abkehr vom Antisemitismus unabdingbar.

19451960198020002020

Die Ereignisse in Nahost überschlagen sich. Lösungen des Konflikts scheinen ferner denn je. Dennoch: Will sich Europa einbringen, ist nachhaltige Abkehr vom Antisemitismus unabdingbar.

Werbung
Werbung
Werbung

Mag sein, dass auch diese Zeilen Makulatur sind, wenn sie erscheinen. So wie vieles rund um die Ereignisse im Nahen Osten von brutalen Aktualitäten überholt wird: Da war das Pogrom der Hamas vom 7. Oktober, ein menschenverachtendes Morden an Jüdinnen und Juden, wie es seit der Schoa nicht mehr stattgefunden hat. Da gab es am 16. Oktober das islamistische Schussattentat von Brüssel. Und einen Tag später folgte der Raketeneinschlag auf ein Krankenhaus in Gaza Stadt. Bei Redaktionsschluss der FURCHE waren weder die Vorgänge, noch Opferzahl, noch Urheber der Explosion klar.

Man kann an diesen drei Ereignissen sehen, welche scheinbar unentrinnbare Lage sich hier aufgebaut hat: Als erstes hat das Pogrom der Hamas jedenfalls das politische Versprechen Makulatur werden lassen, dass die Existenz des Staates Israel nach der Tragödie der Schoa imstande ist, die Sicherheit aller Juden weltweit zu garantieren. Dass diese schockierende Erkenntnis auch das sicherheitspolitische Versagen der aktuellen israelischen Politik samt den demokratiegefährdenden Entwicklungen im Land impliziert, ist evident. Es rechtfertigt das Pogrom jedoch in keiner Weise.

Und im Gegensatz zu den autoritären Regimes und Failed States (Libanon ...) rundum stellt Israel immer noch das einzige Land der Region dar, in dem über die Ereignisse und Entwicklungen eine offene Auseinandersetzung stattfinden kann.
Zum Zweiten hat das Brüsseler Attentat sicht­bar gemacht, dass insbesondere westliche Gesellschaften neu mit Terror rechnen müssen. Das Pulverfass Nahost wird Euro­pa und seine Menschen auf diese Weise weiter und wieder in Mitleidenschaft ziehen.

Antisemitische Vorurteile weiter präsent

Drittens bieten die Ereignisse rund um den Beschuss des Spitals in Gaza der Hamas willkommenen Stoff für Propaganda. Eine islamistische Internationale formiert sich neu – die Straße in den arabischen Ländern (und im Iran) hat die Hamas längst gewonnen. Die Toten, aber auch die Leidenden in Gaza sind ein wohlfeiles Faustpfand dieser politischen Strategie, die sich einmal mehr als menschenverachtend erweist.

Bedrückend auch, dass das Benennen der Komplexität der Vorgänge – was auch bedeutet, den Finger in offene Wunden der israelischen Politik zu legen – selbst im Westen immer schwieriger wird: Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek löste auf der Frankfurter Buchmesse diesbezüglich mit seiner Rede einen Eklat aus, und die Preisverleihung fürs Buch einer palästinensischen Autorin wurde dort „vorsorglich“ verschoben.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung