Gaza

Israel im Krieg: Über einen fatalen Irrtum

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Militär und Geheimdienste verabsäumten, Israel zu schützen. Nun herrscht Krieg. Über eine Grenze, die längst überschritten ist.

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Militär und Geheimdienste verabsäumten, Israel zu schützen. Nun herrscht Krieg. Über eine Grenze, die längst überschritten ist.

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Wie der Krieg Israels gegen die Terroristen der Hamas auch ausgehen wird – der Überfall der radikalislamischen Palästinenser am jüdischen Feiertag Simchat Tora stellt eine Zäsur in der Geschichte des jungen Staates dar, der vor 75 Jahren gegründet wurde, um Jüdinnen und Juden nach der Schoa einen sicheren Zufluchtsort zu bieten. Dieses Sicherheitsgefühl war zwar seit jeher labil. Es war dennoch irgendwie vorhanden. An Kriege und Konflikte und an ein Leben umgeben von Feinden hatte man sich notgedrungen gewöhnt. Aber der Alltag war überwiegend von Gelassenheit und Lebensfreude geprägt. Das lag bei einigen Israelis am Gottvertrauen.

Bei den meisten am Glauben daran, dass Militär und Geheimdienst die Situation im Griff haben. Jetzt steht Israel unter Schock. Das Sicherheitsgefühl ist passé. Viele sehen sogar das Existenzrecht ihres Staates bedroht. Die psychologischen Folgen werden lange anhalten. Die politischen sind für Israel und die gesamte Region noch nicht absehbar. Verzweifelte Eltern, die mit tränenerstickter Stimme erzählen, dass sie beim Anruf ihrer Kinder nur noch deren Hilfeschreie hörten und arabische Stimmen. „Dann über 20 Minuten lang Schüsse, wie auf einem Schießstand“, wie es ein Vater beschreibt, dessen 23 und 27 Jahre alten Töchter mit mehreren hundert anderen jungen Menschen am Samstag auf einem Musikfestival etwa fünf Kilometer vom Gaza-Streifen entfernt gefeiert haben. Bis sie von Terroristen der Hamas massakriert wurden oder als Geiseln in den Gaza-Streifen verschleppt. Viele der Massakrierten waren politisch Linksstehende, die sich für Aussöhnung mit den Palästinensern eingesetzt haben.

Gespaltene Gesellschaft geeint

Die Mutter, die mit ihrem kleinen Sohn im Schutzraum des Kibbuz geköpft wurde. Die junge Frau, die halbnackt und schwer verletzt, von Palästinensern mit Allahu-Akbar-Rufen an den Haaren auf einen Jeep gezerrt wird. Wie diese Bilder sind auch die Zahlen beispiellos in der israelischen Geschichte. Sie werden laufend nach oben korrigiert. Etwa 1000 Israelis sollen beim Überraschungsangriff der Hamas an Orten nahe des Gaza-Streifens ermordet worden sein. Das traumatisierte Land fragt sich, wie konnte es passieren, dass die angeblich so bestens abgesicherte Grenzanlage zu Gaza von der Hamas an fast 30 Stellen durchbrochen werden konnte und vermutlich mehr als 1500 schwerbewaffnete Terroristen nach Israel eindrangen?

Was hat eigentlich der Geheimdienst in den vergangenen Monaten gemacht? Da gilt es noch einiges aufzuarbeiten. Aber erstmal herrscht Krieg. Die Hamas feuert tausende Raketen auf Israel. Die israelische Armee bombardiert großflächig Ziele der militanten Palästinenser in dem 365 Quadratkilometer großen Küstenstreifen. Auch dort starben bisher hunderte Menschen, tausende wurden verletzt. Premier Netanjahu hat angekündigt, die „Hamas komplett in Trümmer zu legen“. Der Gaza-Streifen wurde von Israel komplett abgeriegelt, die Strom-, Nahrungs- und Treibstoffzufuhr gekappt.

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