Klassenzimmer - © Illustration: iStock / hisa nishiya (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger)

Der Nahostkonflikt im Klassenzimmer

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Seit dem 7. Oktober nimmt Antisemitismus an Schulen dramatisch zu. Workshops sollen gegensteuern. Eine große Herausforderung, erklärt die Gründerin der Grazer Kulturvermittlung „Granatapfel“ im Gastkommentar.

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Seit dem 7. Oktober nimmt Antisemitismus an Schulen dramatisch zu. Workshops sollen gegensteuern. Eine große Herausforderung, erklärt die Gründerin der Grazer Kulturvermittlung „Granatapfel“ im Gastkommentar.

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"Warum glauben die Juden eigentlich, dass sie uns das Land wegnehmen können?“, fragt ein muslimischer Schüler recht emotional in einer österreichischen Schule. Eine andere Schule, anderes Zielpublikum, urbanes Bildungsbürgertum: „Greta hat recht, wenn sie sich als Klimaaktivistin für unterdrückte Völker wie die Palästinenser einsetzt.“

Fragen und Aussagen wie diese stellen mich als Kulturvermittlerin mit jüdischen Wurzeln und als in der Antisemitismusprävention Tätige vor eine große Herausforderung. Der aufkochende Antisemitismus der politischen Linken nach der Hamas-Attacke vom 7. Oktober ist dabei nach wie vor der größte Schock. Er trat nicht unerwartet hervor; trotzdem, in seiner Intensität wirkt er schockierend. Für mich bedeutet das den Verlust der sozialen und politischen Heimat und bewirkt eine wahre transgenerationale Retraumatisierung.

Aber auch klassische antisemitische Narrative, von denen ich nicht für möglich gehalten habe, dass sie in einer Schulgruppe heute noch kursieren, werden nachgefragt: „Stimmt es, dass Juden keine Steuern zahlen?“ „Backen Juden wirklich ihr Brot mit Blut?“ Solche Aussagen habe ich vor dem 7. Oktober nicht gehört. Meine Hypothese ist, dass diese antisemitischen Erzählungen schon vorher verbreitet waren – nur hatten es die Menschen nicht gewagt, sie tatsächlich auszusprechen.

Mit den Augen der anderen

Was bedeutet das nun für die Kulturvermittlung an Schulen? Bis jetzt haben wir vorwiegend im Bereich der Antisemitismusprävention agiert, wo der Einsatz von begegnungspädagogischen Mitteln hilfreich war. Jetzt sehe ich vordergründig eher den Bedarf einer Deradikalisierungsarbeit, wofür ganz andere Kompetenzen und Ausbildungen benötigt werden. Jeder Workshop im Zeichen antisemitismuskritischer Bildungsarbeit sieht anders aus und erfordert – das zeigen die genannten Beispiele – unterschiedliche methodische und inhaltliche Zugänge.

Um die Geschichte des Nahostkonflikts kurz zu skizzieren, verschiedene Ansprüche und Bedürfnisse transparent zu machen, – aber noch wesentlicher – um aufzuzeigen, was der Krieg im Nahen Osten mit unserer westlichen Gesellschaft in Europa, in Österreich macht, ist es angezeigt, die vielen verschiedenen Wurzeln, Formen, Ausdrucksweisen und Gesichter des Antisemitismus exemplarisch darzustellen.

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