Arendt-Expertin: "Einen rein jüdischen Staat lehnte sie ab"
Die Philosophin Hannah Arendt kritisierte die Idee einer Zwei-Staaten-Lösung für Israel und Palästina von Anfang an. Historikerin Annette Vowinckel über Arendts Israel-Kritik, ihre alternativen Vorschläge zum Nationalstaat und Visionen für Frieden im Nahen Osten. Außerdem: Auszüge aus einem Essay Arendts, der sich heute prophetisch liest.
Die Philosophin Hannah Arendt kritisierte die Idee einer Zwei-Staaten-Lösung für Israel und Palästina von Anfang an. Historikerin Annette Vowinckel über Arendts Israel-Kritik, ihre alternativen Vorschläge zum Nationalstaat und Visionen für Frieden im Nahen Osten. Außerdem: Auszüge aus einem Essay Arendts, der sich heute prophetisch liest.
Frieden im Nahen Osten scheint in weiter Ferne zu liegen. Ohne die heikle Frage nach der Staatlichkeit Israels und Palästinas zu stellen, wird es ihn nicht geben. Die Philosophin Hannah Arendt antizipierte den Konflikt bereits in den 1940er-Jahren. Die Historikerin Annette Vowinckel ist Mitherausgeberin der Arendt-Gesamtausgabe und eine der besten Kennerinnen der Philosophin. Im Interview erklärt sie Einsichten Arendts, die einen neuen Blick auf die aktuellen Ereignisse erlauben.
DIE FURCHE: Die Jüdin und frühere Zionistin Hannah Arendt betrachtete die alleinige Staatsgründung Israels mit Sorge und prophezeite einen ewigen Konflikt – woran stieß sie sich?
Annette Vowinckel: Dass 1948 nur der jüdische, nicht aber der arabische Staat gegründet wurde, sah Arendt sehr kritisch. Sie argumentierte schon damals, ohne Verständigung mit der arabischen Seite würde es zu einem unlösbaren Konflikt kommen – damit hat sie leider bis heute Recht behalten. Aber selbst die Zwei-Staaten-Lösung war für Arendt nicht die bevorzugte Variante. Einen rein jüdischen Staat nach dem Vorbild anderer klassischer Nationalstaaten lehnte sie jedenfalls ab.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!