6777551-1969_28_07.jpg
Digital In Arbeit

Reklame

Werbung
Werbung
Werbung

Die Kritiker haben dem ORF heftige Vorwürfe wegen der Sendung über „ö 3“ gemacht. Mich hat die Sendung eher erheitert. Ich faßte sie weniger als Selbstreklame des ORF denn als Selbstparodie auf. So ob des immer wieder gebieterisch ausgestreckten Zeigefingers der Techniker gegen bedeutungsvoll Platten auflegende Discjockeys. So als der Programmleiter wichtig verkündete, daß das Programm in Wirklichkeit dem Zwecke diene, unterschwellig zur Kultur zu verführen. Sie haben's jetzt alle dort mit der

Unterschwelligkeit... Mit seiner in der Tat dick aufgetragenen Selbstreklame schadet sich der ORF mehr als er sich nützt. Es ist jedoch nicht nur schiere Selbstreklame das Motiv. Jeder, der im Rundfunk gearbeitet hat, weiß, wie leicht man dort der Überschätzung der eigenen Bedeutung verfällt. Im Besitze des Ohre (und nun auch der Augen) der Welt, glaubt man diese wie Wachs formen zu können. Journalisten und Kommentatoren der von Staatsmännern und Politikern veranlaßten Geschehen fühlen sich heute mit jenen gleichrangig.

Doch auch die Präsentanten oder Moderatoren einer Produktion im Rundfunk werden oft schon für wichtiger gehalten als die Autoren und übrigen Teilnehmer an der Produktion. Angesichts der Massen von am Markte angebotenen Schallplatten (und deren nicht seltenem Mangel an Substanz und Originalität) wird der sie einbegleitende Discjockey zur Hauptperson, zum eigentlichen Autor.

So auch bei Waschmitteln und Deodorants. (Künftige Kulturhistoriker dürften beim Studium angezeichneter TV-Werbesendungen zu dem Schluß gelangen, daß wir eine ziemlich ungewaschene und übelriechende Gesellschaft gewesen sein müssen.) Uns jedoch verführt die Werbung nicht nur zum Ankauf der angepriesenen Waren. Was auffällt, ist die Gleichartigkeit und Unoriginalität der Reklamen: jede könnte für jedes Waschmittel verwendet werden. In Großbritannien wurde ein Kontrollrat gebildet, der über die Qualität — nicht der angepriesenen Waren, sondern der Anpreisung selbst wacht. Ein weiter hierzu verwandtes Motiv findet sich darin, daß wir mangels an Aussagen per se immer mehr über die Dinge als diese selbst geboten erhalten. So brachte unlängst ein Fernsehbericht über die Filmfestspiele in Cannes eine Menge vom Drum und Dran dieses Marktplatzes der Eitelkeiten und so gut wie gar nichts von den dort gezeigten Filmen. Von Vanessa Redgrave erfuhren wir, wie und warum sie zu ihrem unehelichen Kind gekommen sei, von ihrer Leistung in dem prämiierten Film sahen wir einen winzigen unerheblichen Ausschnitt. Die Reporter reden sich damit aus, daß dergleichen das Publikum interessiere. Ich hege jedoch den Verdacht, daß sie sich vor allem deshalb des Klatsches und der Schaumschlägerei befleißigen, weil sie davon mehr verstehen als vom Gegenstand ihres Referates. Einzige erfreuliche Sendungen der vergangenen Woche: die Übertragungen der Tennisspiele aus Wimbledon. Die große Dramatik völligen persönlichen Einsatzes und enormer Könnerschaft. Jeder dieser Spieler hat etwas von geläutertem Asketen-tum und kompromierter Menschlichkeit. All das erkennend, beschränkte sich Fischer-Karwin als Sportberbchter auf einen sparsamen Kommentar. Im übrigen halte ich dafür, daß die Sendung „Postfach 7000“ zu beseitigen ist.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung