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Das Wort hat...

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Ich mag es nicht, wenn in Diskussionen einer einen großen Zirkusakt vollführt, dieweil die übrigen Teilnehmer ihm den Reifen halten müssen. So geschehen vn der Übertragung einer Debatte zwischen dem ORF-Generalintendanten und Mitgliedern des BSA Burgenland. Dennoch sprach eines der letzteren ein großes

Wort gelassen aus: „Ist die ■ Nütz lieh keit der 'iiachridh- ■ , tenüheranitilung.. des ixittevitigmr Rundfunks um soviel größer als unter dem vorigen Regime? Die Aufmachung und Inszene mag uns leicht dazu verführen, es zu glauben. Was verbleibt jedoch, wenn wir sie abziehen?“ In der Tat bestand die Schwäche des früheren Nachrichtendienstes darin, daß er zuwenig diszer-nierte und daß er es den Hörern überließ einzuschätzen, welche der Nachrichten von welcher Bedeutung waren. Heute „verkauft“ und preist der Rundfunk nicht nur die Nachrichten an wie Waren, sondern auch sich selber. Durch Kommentare und Interpretationen wird uns jeweils ein Sinn der Geschehnisse eingetrommelt, der richtig oder nicht richtig sein kann, ja gar nicht so selten überhaupt nur Getrommel ist. W i e unrichtig — wurde vergangene Woche in der „Furche“ durch einen Hinweis auf die optimistische Deutung Portischs der. Konferenzen von Cierna und Preßburg im Vorjahr aufgezeigt. Im Referat Bachers fiel auch das Wort von der Selbstkritik des Rundfunks. Nun mag zwar der Herr und Gebieter des ORF seine Untergebenen oft „zusammenstauchen“, mit der „Postfach-7000“-Sendung wird jedoch das Gegenteil des Eindrucks von vorhandener Selbstkritik erweckt. Dort wird fast jede Kritik aus dem Publikum auf eine Weise abgewehrt, die in den Hörern den Glauben erwecken muß, daß man sie für lauter Blöde hält. Der ORF könnte sich auch hierin ein Beispiel an einer ähnlichen Sendung nehmen, welche die BBC in ihrem Auslandsdienst (!) eingerichtet hat. Sie ist nicht als eine Art Sprachrohr und Werbetrommel der Direktion aufgezogen, sondern als ein von ihr unabhängiges Forum für jegliche Kritik. Wenn die Leitung oder eine Abteilung der BBC darin zu Wort kommt, so nur durch Interviews mit den jeweils Verantwortlichen, die Rede und Antwort stehen und nichts daran finden, solches zu tun. Weiter wer-

den nicht nur Kritiken aus dem Hörerpublikum, sondern auch die Meinungen der Presserezensenten zum jeweiligen Gegenstand wiedergegeben. Es wird nicht versucht, Gesicht zu wahren, sondern die öffentliche Meinung und ein Optimum der vorhandenen Standpunkte zu Wort kommen zu lassen.

Wie überhaupt das letztere sich immer mehr als eine der wichtigsten Funktionen des Rundfunks erweist. So kann die letzte „Frage der Woche“ (über die Austreibung Olahs) nahezu als Erfolg angesehen werden. Nur nahezu, weil wir außer den befragten vier .Gruppen ./die.. SPjt, * -Polftifeer^dte**'!** von -Avt-t-Straße., dägj&iirösfisQhen E^p^rte^ und Olah) auch noch gerne in solchem Falle eine darüber hinausgehende grundsätzliche Meinung gehört hätten. Doch der Ausspruch eines einfachen Arbeiters kam an diese heran: „Kann sein, daß es gesetzlich war, trotzdem hättens feiner dabei vorgehen müssen.“

Umgekehrt überraschte uns (in den „Horizonten“ über Mandatare) das Gespräch zwischen dem Reporter und einem der gewichtigsten ÖVP-Politiker im Lande, dem Amassierung von Posten vorgeworfen wurde. Ich hätte nicht von einem so mächtigen Mann soviel Aufrichtigkeit, ja ernstliche Demut erwartet. Er hatte allerdings einen Reporter vor sich, dem man bei aller Eindringlichkeit anmerkte, daß es ihm nicht darauf ankam, Dick-häutertum zu manifestieren — wie das neuerdings gern bei solchen Gelegenheiten gezeigt wird. („Wo nehmen Sie die Kraft her, dieses Leben zu ertragen?“ sagte in einer früheren „Horizonte“-Sendung der Reporter zu einer Frau, der das Gesicht durch Schwefelsäure zerstört worden war. Und ein anderer fragte den Leiter eines Chors aus einem Ostblockland: „Sie kommen doch aus einem atheistischen Land, wie reimt sich das mit Darbietungen religiöser Musik durch Ihren Chor in der Karlskirche zusam-' men?“

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Stärkster Eindruck der vergangenen Woche: Außer-Programm-Sendung, in der ein Künstler uns die Entstehung eines Holzschnittes miterleben ließ. Hier ging etwas sehr Sinnvolles auf eine sehr reale Weise vor sich. Handgriff für Handgriff wurde so einfach und einleuchtend von dem Künstler vorgezeigt und erklärt, daß es einem in den Fingern juckte, so einen Stichel in die Hand zu bekommen. Glorreicher Beweis der These, daß des Fernsehens Feld dort Hegt, wo etwas geschieht, das gezeigt werden kann.

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