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Zuchtprodukt Mensch ?
Im August dieses Jahres hat in Österreich erstmals ein „Retor-tehbaby” das Licht der Welt erblickt, etliche Moraltheologen haben der vorangegangenen „extrakorporalen Fertilisation” (Befruchtung außerhalb des Körpers im Reagenzglas) vorsichtig zugestimmt (FURCHE 32/1982).
Damit wurde freilich keineswegs allen Forschungsmethoden und Praktiken auf dem Gebiet der künstlichen Befruchtung die Absolution erteilt. Im Gegenteil! Gerade dieses Ereignis zeigte, daß auf dem Gebiet der menschlichen Fortpflanzung ein Grenzbereich erreicht ist, jenseits dessen zwar noch manches „machbar”, aber kaum mehr sittlich vertretbar ist.
Schon das positive Resultat ,.Retortenbaby” beruht auf Experimenten jenseits dieser Grenze. Der britische Physiologe Robert Edwards, Pionier der „Retorten-technik”, hat nun zugegeben, nicht alle befruchteten Eier den Patientinnen eingepflanzt zu haben, sondern 17 menschliche Embryos mehrere Tage in Reagenzgläsern am Leben erhalten zu haben. Er sah sich nun mit einer Protest^ welle konfrontiert und der Aufforderung der britischen Medizinischen Gesellschaft an alle Arzte, die Zusammenarbeit mit ihm einzustellen.
Auch die nicht-extrakorporale künstliche Befruchtung treibt seltsame Blüten (s. auch S. 23). Der Vatikan hat die Zuchtversuche künstlicher Genies durch eine amerikanische Samenbank (sie sammelt beispielsweise Samen von Nobelpreisträgern) zum Anlaß genommen, solche Experimente schärf stens zu verurteilen. Der „Osservatore Romano” zählte auch die Vorläufer dieser Entwicklung auf: Kindestötung, Abtreibung aus eugenischer Indikation, Praktiken von Alchimisten, Zauberern und Scharlatanen sowie die Experimente der Nazis. Die Frauen würden dadurch zu „Gebärmaschinen” degradiert. „Was die Welt braucht, sind Heilige ... aber Heilige kann man nicht produzieren”, schloß der Artikel.
Vielleicht aber kann man die Entwicklung einer von jeder Liebe losgelösten, total technisierten Fortpflanzungsindustrie noch aufhalten. Es wäre allerhöchste Zeit
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