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Forschen als Verbrechen
Änzte warnen, daß Wesen, „halb Tier, halb Mensch'entstehen könnten
Aldous Huxleys „Schöne neue Welt" beschwor der Mediziner Sir John Peel, einst Gynäkologe der britischen Königin, jüngst herauf. Er rief mit anderen Ärzten zu einem sofortigen Stopp aller Versuche mit menschlichen Embryonen auf, denn am Ende dieser Entwicklung könnte ein Lebewesen, das „halb Mensch, halb Tier" ist, stehen.
Begonnen hat alles mit dem „Retortenbaby". Einer Frau, die sonst keine Kinder bekommen könnte, werden Eizellen entnommen, diese befruchtet und nach wenigen Tagen wieder implantiert. Hier gibt es bereits mindestens zwei ethisch äußerst bedenkliche Möglichkeiten: a) die (meist etwa zwei bis fünf) befruchteten Eizellen (Embryonen) werden nicht der Frau, von der sie ursprünglich stammten, sondern einer „Leihmutter" eingepflanzt; b) es werden nicht alle befruchteten Eizellen (einige sterben meist im Mutterleib noch ab) implantiert, sondern einzelne „für Experimente" zurückbehalten.
Diese Möglichkeiten und die
Entwicklung der Gen-Technologie machen nun vielen Menschen große Sorge. Auch wenn man annehmen oder zumindest hoffen darf, daß nur einige Außenseiter hier ihre Aufgabe als Forscher verkennen und mißbrauchen. Robert Winston, der Direktor der größten Fruchtbarkeitsklinik Europas in London, erklärte jedenfalls, auf diesem Gebiet werde nicht geforscht und die Warnun-. gen der Peel-Gruppe, etwa vor einem Schimpansenweibchen als „Leihmutter" eines Menschen, entbehrten jeder Grundlage.
Auch österreichische Fachleute (die im Zusammenhang mit solchen Sensationsmeldungen nicht namentlich zitiert werden wollen) sind skeptisch: Erstens wäre es „sinn- und hirnlos", Menschen von Affenmüttern austragen zu lassen, zweitens sei es mehr als fraglich, ob es funktionieren würde. Beweisen könne man es aber nur durch ein Experiment, ein solches sei aber strikte abzulehnen. Auf jeden Fall wäre ein so zur Welt kommendes Kind ein Mensch und kein Affe oder Mischwesen.
Sicher ist, daß man Menschen mit Tieren nicht kreuzen kann, denkbar, aber sicher „ein Verbrechen" wäre der Versuch einer „Chimäre" zwischen Mensch und Schimpanse. Bei Schaf und Ziege, deren gemeinsamer Stammvater fünf bis sechs Millionen Jahre zurückliegt, ist eine solche „Chimäre" gelungen: die Vereinigung von zwei Lebewesen im Vier-Zellen-Stadium, zu einem Tier, das (genau nach Vorderteil und Hinterteil aufgeteilt) halb Ziege und halb Schaf ist und vier Eltern besitzt. Welcher Anteil (Vorderteil oder Hinterteil) von welchem Tier stammt, läßt sich bei Chimären gar nicht vorhersagen.
Sicher läßt sich aber sagen, da sind sich seriöse Forscher einig, daß jegliches Forschen in diese Richtung, mit dem menschlichen Embryo als „Experimentierobjekt", nur als Verbrechen bezeichnet werden kann.
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