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„Nem, nem, soha“ zu Trianon

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Nachdem die Doppelmonarchie zerfallen war, mußte mit zwei Vertragspartnern auf ihrem Gebiet Frieden gemacht werden. Nachdem Karl Renner für Österreich unterschrieben hatte, zog sich der Friedensvertrag mit Ungarn bis zum 4. Juni 1920 hin. Die Wirren der Kommunistenherrschaft unter Bela Khun, der Gegen-aktionen des Horthy-Regimes verzögerten die Verhandlungen in Trianon.

Mit Ungarn gingen die Sieger noch rigoroser um als mit Österreich. Die Slowakei („Oberungam“) und die Karpato-Ukraine fielen an die Tschechoslowakei — mit 800.000 Magyaren; Siebenbürgen und der Banat mit eineinhalb Millionen Ungarn wurde Rumänien zugeteilt, das sich nun nach verlorenem Krieg gegen die Mittelmächte als Sieger fühlen konnte. Nachdem schon Kroatien zu einem der Gründer des neuen Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen geworden war, erhielt der SHS-Staat nun noch die Bacska und die Murinsel. Und das deutschsprachige Westungam, wo die Magyaren nur in Ödenburg punkten konnten, ging an Österreich — die einzige in Trianon gezogene Grenze, die seither unumstritten geblieben ist.

„Nem, nem, soha!“ - Nein, nein niemals - wurde zum Schlachtruf der Revisionisten, die von der Wiederherstellung des Herrschaftsgebietes der Stephanskrone in seinem ganzen Umfang träumten. Ungarns Rolle als Bundesgenosse Deutschlands im Zweiten Weltkrieg basierte vor allem auf diesem Wunsch. Die „Befreiung“ der Südslowakei, der Karpato-Ukraine, des Szeklerzipfels in Siebenbürgen, der Bacska und der Murinsel schien ihn zwischen 1938 und 1941 zu erfüllen. 44 Jahre Sowjetherrschaft nach der Niederlage waren die Quittung.

Die neue demokratische Führung Ungarns seit der Wende steht wieder den Problemen der ungarischen Minderheiten in den Nachbarstaaten gegenüber.

NEUILLY UND SEVRES

Mit Bulgarien waren die Verhandlungen schneller zu Ende gegangen. Im Vertrag von Neuilly vom 27. November 1919 mußte es die vielfach umstrittene Süddobrudscha an Rumänien abtreten. Die im Balkankrieg eroberte Ägäisküste - Westthrazien - fiel an Griechenland. Auch Bulgarien versuchte während des Zweiten Weltkriegs auf Deutschlands Seite diese Verluste wieder einzubringen.

Nur in der Türkei brach der Widerstand gegen den Friedensvertrag sofort los - und kam zum Erfolg. Am 10. August 1920 hatten die Vertreter der Sultansregierung in Sevres unterschrieben, womit die Türkei auf Anatolien beschränkt worden wäre. General Kemal Pascha, später als Staatspräsident der laizistischen Türkei Kemal Atatürk, stellte eine Gegenregierung in Ankara auf, führte den Krieg fort, verjagte die Griechen aus Smyrna und erreichte in Lausanne am 24. Juli 1923 wesentlich günstigere Bedingungen. fg

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