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Wandlungen seit der Oktoberwahl

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Die kapitolinischen Gänse lassen freilich ihre warnenden Stimmen hören und sagen, daß der neue Galliersturm durch das Lächeln Rebecchinis allein nicht abgeschlagen werden kann. Man müßte endlich jenes Sonderstatut für Rom bekommen, das die Stadt von der Provinzverwaltung unabhängig macht und eine Sanierung der Stadtverwaltung gestatten würde. Aber ist dieses Sondergesetz nicht schon vor den letzten Gemeindewahlen versprochen worden? Schon im Oktober 1946 wäre es den Kommunisten beinahe geglückt, ins Kapitol einzuziehen. Der Volksblock hatte um 80.000 Stimmen mehr erhalten als die Christlichdemokraten und der Uomo Qualunque. Freilich gelang es ihm nicht, den Gemeindeausschuß m bilden, und nach zwanzigtägigem Streit mußte ein Regierungskommissär eingesetzt und die Wiederholung der Wahl bestimmt werden. Bei den Wahlen am 12. Oktober 1947 erhielt der sozialistisch-kommunistische Volksblock 208.000 Stimmen, die Christlichdemokraten bekamen 204.000, der Uom Qualunque 63.000, die Republikaner 36.000, die Monarchisten 32.000, die Sozialdemokraten 24.000 und der neufaschistische MSI 24.000 Stimmen. Zusammen mit den Qualunquisten Gianninis konnte Rebecchini eine Mehrheit bilden, die sich im Laufe der Zeit durch einige Gemeinderäte des MSI, der Republikaner und der Sozialdemokraten verstärkte.

Aber seit dem Jahre 1947 hat sich die Lage gründlich geändert. Die Partei Gian ninis hat sich praktisch aufgelöst, und die in ihr gesanim&lten „Unzufriedenen" wirbeln nun frei' im Raume, bereit, sich von den magnetischen Kräften extremer Tendenzen anziehen zu lassen. Republikaner und Sozialdemokraten haben kaum an Stärke gewonnen, dafür befinden sich Monarchisten, Liberale und MSI entschieden im Vormarsch. Die Christlichdemokraten selbst machen derzeit eine ernste innere Krise durch, welche sich zwar bei den bevorstehenden Gemeindewahlen noch nicht offenbaren wird, aber keineswegs die Selbstsicherheit der Partei fördert. Das System der gekoppelten Wahllisten, das sich im Norden so vorteilhaft für die Christlichdemi kratische Partei auswirkte, begünstigt diesmal die Linksopposition, indem es diese.' auch nur bei geringfügiger Stimmenmehrheit fette Prämien an Sitzen im Gemtfinderat in Aussicht stellt.

Die Verbündung mit den änderen demokratischen Parteien würde Rebecchini die Chance geben, den Angriff auf das Kapitol abzuwehren. Doch diese .Bündnisse sind heute schwerer erreichbar als noch vor einem Jahre. Die Kommunisten ahnen die Gefahr einer Wahlverbindung zwischen Christlichdemokraten und MSI und rufen schon im vorhinein gegen die „schwarze“ Gemeinderegierung. Sollte die äußerste Rechte ihre eigenen Wege gehen wollen, dann wird sie es verantworten müssen, einer Partei die Tore des Kapitols geöffnet zu haben, die der Tradition und dem Geist dieser Stätte fremd ist.

Diese Wahl, auf die die bekannte eindrucksvolle an die Römer gerichtete Rede des Papstes hinweist, gewinnt noch an Bedeutung als Vorspiel für die im nächsten Jahre bevorstehenden allgemeinen Neuwahlen für das Parlament.

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