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Des Vietkongs Wunderwaffen

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Hitlers „Wunderwaffen“ erwiesen sich nur als Schreckgespenst, und ihr Masseneinsatz wurde vereitelt. Die Wunderwaffen des Vietkong sind eine Wirklichkeit, ihre Urtypen stammen meistens aus Wehrmachtsarsenalen. In ihhen steckt gl otes- kerweise viel deutscher Erfinder-1 geist, der von russischen und chinesischen Waffentechnikern weiterentwickelt wurde.

Die Amerikaner erwarten, wie dies aus den Worten des Präsidenten zu entnehmen war, eine neue Großoffensive des Vietkong. Die letzten Erfolge der Nord Vietnamesen waren kein Zufall. Der Wirkungskreis und die Durchschlagskraft ihrer neuen Waffen sind bedeutend größer geworden. Die Armierung ist leichter geworden, und die Handhabung der neuen Waffen ist viel einfacher, daher wirkungsvoller. Infolgedessen ist auch der Standortwechsel der Einheiten unkomplizierter geworden. Heute ist der einzelne Kämpfer aus dem Norden beweglicher, als sein Kamerad vor ein paar Jahren war. Die neuen Waffen ersetzen die spektakuläre, aber schwerbewegliche Schwerartillerie. Früher mußten die Angreifer ans Ziel heranschleichen, um es aus der Entfernung von einer Meile mit Mörserfeuer zu belegen. Natürlich konnten sie leicht entdeckt und vernichtet werden. Derzeit können die Vietkongformationen die amerikanischen Stützpunkte mit Raketen von sieben Meilen angreifen. Hier liegt die Erklärung dafür, daß während der „Tet-Mondschein- offensive“ fast alle südvietnamesischen Städte unter Raketenfeuer lagen.

Raketen mit Propeller

Die am häufgisten eingesetzte neue Vietkongwaffe ist eine 122 Millimeter-Rakete mit Propeller, die in der Sowjetunion erzeugt wird. Die Sprengfüllung beträgt 21 Kilogramm. Der Wirkungskreis ist sieben Meilen. Die Zielsicherheit ist sehr schlecht. Militärische Ziele werden oft verfehlt. Die Rakete gilt als eine typische „Panikwaffe“, deren Schreckwirkung unter der Zivilbevölkerung bed'eutend größer ist als bei der regulären Truppe.

Die chinesische 107-Millimeter- Rakete hatte ihre Premiere während der Tet-Offensive. Es handelt sich um eine Propellerrakete mit Selbstantrieb, die geeignet ist, klei- • nere Gebäude und einzelne Beton- . bunker im Umkreis von fünf Meilen i zu zerstören. Die Feuerkraft ent

spricht der anderthalbfachen Wirkung eines 75-Millimeter-Geschüt- zes. Das Gesamtgewicht der drei- füßigen Abschußvorrichtung samt Rakete ist nur 100 Kilogramm.

Die russische RPG-7 ist,, nichts ahäefeWals die moderne'. verbesserte Ausführung der deutschen „Panzerfaust“ aus dem zweiten Weltkrieg. Die in Peenemünde gefangengenommene Gruppe von Naziwissenschaftlern wurde in der Sowjetunion gezwungen, diese gute Panzerabwehr

waffe für den Nahkampf weiterzuentwickeln. In Vietnam ist tagtäglich sichtbar, mit welchem Erfolg. Das Gewicht der sowjetisch-nordvietnamesischen Panzerfaust ist nur 10 Kilogramm, hat eine spezielle Zielvorrichtung, und ihr Geschoß kann jeden amerikanischen Panzer durchbohren. „Kamikaze zu Fuß“ nennt man den Kämpfer, der mit einer solchen „RPG-7“ angreift. Solche „Selbstmörderbrigaden“ haben zum Beispiel das Palais des

Präsidenten und die amerikanische Botschaft in Saigon unerwartet angegriffen.

Der zerlegbare Mörser

Der Masseneinsatz von guten Raketen erzwang eine große strategische Änderung auf der Gegenseite. Außer den angeführten Angriffswaffen erhielten die Vietkongformationen einen chinesischen Mörser, Kaliber 82 Millimeter, Wirkungskreis 1,8 Meilen. Sein Hauptvorteil ist, daß er leicht zerlegbar und in drei Teilen transportabel ist. Die Zielsicherheit ist verhältnismäßig sehr hoch, das heißt, die Streuung ist minimal. Der Hauptnachteil besteht darin, daß dieser Mörser auf größere Entfernung unbrauchbar ist.

Das Automatengewehr AK-47 kommt aus sowjetischen Waffenfabriken und gilt eigentlich als eine modernisierte Weiterentwicklung des einstigen deutschen Automatengewehrs. Es handelt sich um ein Schnellfeuergewehr, das sich im Nahkampf, Mann gegen Mann, sehr vorteilhaft bewährt hat. Es ist derart störungsfrei, daß jeder Kämpfer, der mit einem AK-47 ausgerüstet ist, einem MP-Schützen gleichkommt. Waffenexperten sind der Ansicht, daß das chinesische Automatengewehr besser sei als das amerikanische „M-16“, dessen Patronen kleiner sind und bei dem das Serienfeuer oft gehemmt wird. Nachteile des - . - chinesisch-vietnamesischen ÄK Ysind, „daß es schwerer ist als seih äÄeiWanisches jPendant und sich schneller erwärmt als das M-16. Wenn amerikanische Soldaten ein AK-47 erbeuten können, geben sie es nicht mehr aus der Hand und ziehen damit in den Kampf.

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