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Südtirol wählt (edel)weiß

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Am 31. Mai 1964 finden in Südtirol die Gemeindewahlen statt.

Die Wahlen sind nicht eine Auseinandersetzung zwischen den politischen Parteien, sondern in erster Linie ein Bekenntnis der deutschsprachigen Bevölkerung zur ursprünglichen Struktur des Landes und des Volkes. Das Ergebnis wird auch auf die Entscheidung der Regierung über den Bericht der Neunzehnerkommission Einfluß ausüben, da eine geschlossene deutsche Mehrheit in Südtirol anders als eine zersplitterte gewertet werden muß. Deshalb hat sich die Südtiroler Volkspartei entschieden, nur eine einzige Liste aufzustellen, im Gegensatz zu den Gemeindewahlen im Jahre 1958, bei welchen mehrere unabhängige deutsche Listen aufgestellt und dadurch Stimmen zersplittert wurden. Insbesondere in Brixen konnte die sogenannte „Weiße-Turm-Liste“ und in anderen Gebieten die sogenannte „Enzian-Liste“ Mandate erobern, die auf diese Weise der Südtiroler Volkspartei verloren gingen.

Die heurigen Wahlen werden natürlich auch unter dem Eindrucke des Mailänder- und des Karabinieri-prozesses in Trient stehen.

Rückblick und Ausblick

Es ist interessant, einen Blick auf die früheren Wahlen zu werfen.

Bei den Gemeindewahlen 1958 wurden insgesamt 124.794 Stimmen gegen 123.379 bei den Gemeindewahlen im Jahre 1952 abgegeben.

1958 waren 1675 Sitze zu besetzen, wovon die Edelweiß-Liste 1330 Sitze errang, gegenüber 1286 Sitzen mit 94.408 Stimmen im Jahre 1952; es ist damals der Südtiroler Volkspartei gelungen, 44 Sitze mehr zu besetzen, obwohl die sogenannten unabhängigen Listen bei den Wahlen 1958 3211 Stimmen erhielten und 30 Sitze eroberten.

Rein deutschsprachige Gemeinden, also Gemeinden, in denen die Edelweiß-Liste der Südtiroler Volkspartei siegte, waren: Prags, Kuens, Pfalzen, Vilnöß, Gais, Latsch, Laien, Lüsen, Martell, Welschnofen, Percha, Plaus, Proweis, Rodenegg, Jene-sien, Mühlwald, Schnals, Terenten, Tisens, Ahrntal und Voran.

Die Mehrheit der Südtiroler Volkspartei im Gemeinderat ging damals der Edelweiß-Liste lediglich in der Stadt Brixen verloren, da dort die Weiße-Turm-Liste fünf Sitze eroberte. In Meran hatte bei den letzten Wahlen die Südtiroler Volkspartei einen Stimmenzuwachs von

1000 Stimmen und zwölf Gemeinderatssitzen, gegen zehn im Jahre 1952.

Angestiegen waren 1958 auch die Stimmen der Sozialdemokraten und zwar von 984 im Jahre 1952 auf 2922 im Jahre 1958; sie eroberten dabei 26 Sitze gegen 21 im Jahre 1952.

Dieser Erfolg der italienischen Sozialdemokraten war vor allem auf die großen Verluste des Linksblocks zurückzuführen, der bei der letzten Gemeindewahl 1181 Stimmen verlor (738 im Jahre 1958 gegenüber 1919 im Jahre 1952); der Linksblock verlor 17 Sitze und behielt nur noch sieben Sitze in der ganzen Provinz Bozen, beziehungsweise in jenen Gemeinden, in denen die Gemeinderatswahlen stattfanden.

Bemerkenswert war der Anstieg der Neofaschisten um 510 Stimmen, und zwar von 3127 im Jahre 1952 auf 3637 im Jahre 1958; sie besetzten daher 20 Sitze, gegenüber sechs Sitze im Jahre 1952.

Die deutschsprachige Mehrheit in

den einzelnen Gemeinden war bei den letzten Wahlen besonders auch in den ladinischen Gebieten gestiegen, da die Ladiner zum größten Teile der Edelweiß-Liste treu blieben.

Italienische Mehrheiten gibt es nur wenige: von den 104 Gemeinden in Südtirol hatten 1958 lediglich zwölf eine italienische Mehrheit. Ein Teil davon hatte schon früher eine italienische Mehrheit, wie Pfatten, Branzoll und Leifers; dazu kamen die sogenannten Zuzugsgemeinden, in j denen italienische Beamte und Eisenbahner zugewandert waren, wie Innichen, Franzensfeste, Brenne}-, zum Teil auch Gossensaß und Sterzing.

yon den Stadtgemeinden hatten lediglich Bozen und Meran italienische Mehrheiten, während die anderen Städte: Brixen, Sterzing, Bruneck, Klausen und Glums stets eine Tiroler Mehrheit hatten und sie auch bei allen Regionalrats- und Kammerwahlen halten konnten.

Die italienischen Parteien in den einzelnen Gemeinden sind in eine Reihe von Splitterparteien aufgespaltet, von denen lediglich die Christlichen Demokraten ins Gewicht fallen, obwohl auch sie 1958 etwas zurückfielen; sie erhielten um 731 Stimmen weniger und belegten 165 Sitze in den Gemeinden, gegenüber 186 im Jahre 1952, also um 15 Sitze weniger.

Wünsche an die DC

Es wäre nur zu wünschen, daß die Christlich-Demokratische Partei gerade im Grenzgebiet etwas mehr Verständnis der Tiroler Bevölkerung gegenüber aufbringen wollte, datnit sich die Zusammenarbeit günstiger gestalten könnte.

Gerade die Gemeindewahlen in Südtirol werden den Beweis dafür bieten, daß die deutsche und ladi-nische Bevölkerung mehr denn je zusammenhalten und durch ihre Stimmenmehrheit die gerechte Forderung nach einer Provinzial-Auto-nomie unterstreichen.

Die Gemeindewahlen sind nicht nur ein Spiegel der Parteienbildung, sondern auch der Ausdruck dafür, daß die bisherige Zusammengehörigkeit des Volkes und seiner Vertreter in der Südtiroler Volkspartei fester als je ist.

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