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Die Medizin als Wirtschaftsfaktor
Das Baby, das in der Wiener Budolfstiftung im Leib einer hirntoten Mutter herangewachsen und dann gestorben ist, hat im Mai für Schlagzeilen gesorgt und die Diskussion um die Ethik in der Medizin neu angefacht. Bei einem Streitgespräch forderte Kurt Stellamor von der Rudolfstiftung, jedes Leben zu retten, ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte. Der Wissenschaftsjournalist Werner Wanschura wandte dagegen ein, daß an diesem Punkt die Heuchelei der Medizin beginne, wenn einerseits ein enormer personeller und damit auch finanzieller Aufwand betrieben werde, um ein einziges Leben zu retten, und auf der anderen Seite nach seinen Recherchen auf Abtreibungsstationen Embryos einfach in den Kübel geworfen werden, und dort noch stundenlang weiterleben.
Weiters ist bekannt, daß wir schon sehr nahe an die Grenze der Finanzierbarkeit unseres Gesundheitssystems gestoßen sind. Dabei taucht unwillkürlich die Frage auf, ob man etwa die teure Transplantationsmedizin nicht zugunsten einer medizinischen Breitenversorgung, wie zum Beispiel der Diabetes-Früherkennung, die wesentlich mehr Menschen zugute kommt, reduzieren sollte. Es gibt Staaten in den USA, in denen aus Kostengründen keine Herz-, sondern nur mehr Nierentransplantationen durchgeführt werden, weil letztere die kostenintensive Dialyse ersparen helfen.
Die Neonatologin Marina Marcovich meinte, daß die Ethik in der Medizin schon viel früher anzusetzen wäre, nämlich bei der Asymmetrie des Patient-Arzt-Verhältnisses, an das die Ärzte gewöhnt seien. Ein menschlicherer Umgang mit kranken Menschen setzte voraus, daß die Mediziner nicht nur ihre Fachjournale lesen, sondern sich auch humanistisch bilden, was früher zur Ausbildung gehörte, worauf aber schon länger verzichtet würde.
Eines wurde in der Diskussion bald klar: So schön es wäre, nicht über Geld sprechen zu müssen, so sehr ist die Ethik in der Medizin von wirtschaftlichen Aspekten beeinflußt.
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