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Der Weg eines Gottesleugners

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DIE GOTTLOSEN. Roman. Von Erik von Kuehnelt-Leddihn. Verlag „Das Bergland-Buch“, Salzburg-Stuttgart. 448 Seiten. Leinen. Preis 142.50 S.

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DIE GOTTLOSEN. Roman. Von Erik von Kuehnelt-Leddihn. Verlag „Das Bergland-Buch“, Salzburg-Stuttgart. 448 Seiten. Leinen. Preis 142.50 S.

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Der Autor — Erik von Kuehnelt-Leddihn, als Schriftsteller, Essayist und Kulturkritiker, eine der markantesten Persönlichkeiten im literarischen Leben Österreichs — hat mit diesem Roman ein kühnes Experiment unternommen, das er selbst wie folgt charakterisiert: „Dieser Band ist nicht für idyllische Eskapisten und schon ganz und gar nicht für unreife Menschen. Was hier geboten wird, ist ein Versuch, durch die Schilderung der Gottlosigkeit eine Negativaufnahme der Präsenz des Schöpfers zu übermitteln.“

Nun, der Autor hat diesen Versuch mit ebensoviel Konsequenz wie Routine unternommen. Den Hintergrund des Geschehens bildet ein Bild Amerikas zu Beginn des zweiten Weltkrieges, ein wechselvolles Panorama, das Trostlosigkeit von Arbeitervierteln, von traditionslosen Siedlungen, aber auch die warmen Farbenstimmungen sonnenüberfluteter Indianer-Pueblos in Neu-Mexiko sowie den Zauber von Wüsten umfaßt, die Mondlandschaften gleichen. Ein ungarischer Einwanderer bringt sich zuerst als College-Professor schlecht und recht durch. Aber ihm mangelt anscheinend all das, was man als anima naturaliter christiana nennt. Infolgedessen wird er zum Sklaven seines Trieblebens, verlockt von der Magie des Geldes, von diesem Götzen, der Macht, Wohlleben und Sinnesfreuden verheißt. Der Professor bestiehlt seine Frau, die er abgründig haßt, weil die Wellenlängen, auf denen die beiden leben, viel zu verschieden sind, und beginnt unter einem falschen Namen ein abenteuerliches Leben. Er jagt einer Frau nach, die er in seiner Jugend heiß geliebt hat. Das ist seine einzige Gemütsregung — allerdings eine sentimentale Regung, die ihn veranlaßt, sich in immer fragwürdigere Abenteuer zu stürzen.

Die Welt völliger Gottvemeinung, durch die nunmehr die Irrfahrt dieses Gescheiterten führt, wird mit diabolischer Raffinesse dargestellt — es handelt sich ja um eine Negativaufnahme jener Lebensbereiche, in denen göttliche Kräfte wirken. Darum vermißt man auch in diesem eiskalten Milieu, in dem es nichts anderes als Berechnung, Erpressung und Sexualität gibt, jenen Hauch, der auch das Unmenschliche menschlich macht.

In der zweiten Hälfte des Romans spürt man endlich einen Schimmer seelischen Erlebens, und diese; Begegnung mit der erwachenden Seele nach soviel „Selbstver-götzungen und Selbstverteufelungen“ wirkt geradezu erlösend... „Der Schmerz, die Liebe und der Tod fließen ineinander.“ Im Sterben dieses unseligen Abenteurers wird die Barmherzigkeit dessen offenbar, den er zeitlebens verleugnet und verspottet hat.

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