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Richter, Heiller

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Daß Karl Richter der Ökonomie seines Registrierens zuwenig Beachtung schenkt und in der stark romantischen Auffassung seines Bachspiels im Klangfarbenwechsel schwelgt, ist eine vor allem von Puristen mißbilligte Tatsache. Wie aber eine sich jetzt stärker durchsetzende Richtung für eine blutvollere Ausdeutung der Werke des Thomaskantors eintritt, davon zeugt das Spiel auch anderer bedeutender Organisten wie Jean Guillon, seiner französischen Kollegin Alain, des römischen Orgelmeisters Fernando Germani und des Deutschen Erich Piasetzky. Die exzellente Wirkung, die Richter mit der Wiedergabe der Präludien und Fugen g-Moll, h-Moll und a-Moll erzielte, spricht jedenfalls für das meisterhafte technische Spiel, aber ebensosehr für die eigenpersönliche Auffassung des Künstlers.

Anton Heiller hat im ersten Konzert seines Zyklus „Das Orgelwerk J. S. Bachs“ im Mozart-Saal des Konzerthauses wieder eine klare Position seiner Bach-Interpretation bezogen, sehr gegensätzlich zu der Karl Richters. Heiller legt ein Hauptaugenmerk auf Herausarbeitung der Bachschen Kontrapunktik, dosiert den Registerwechsel, ohne in abrupte und grelle Gegensätze zu verfallen, und ist ein Meister der Artikulation und Phrasierung. Doch ist diesmal aufgefallen, daß sich der Künstler — gewiß zum Vorteil seiner Bach-Auffassung — mehr Freiheit in bezug auf Accelerando und Ritenuto, aber auch auf meditave Stimmungen erlaubt. Sollte man besondere Glanzpunkte seines Programms erwähnen, so seien die Präludien und Fugen in C-Dur und c-Moll und die Passaca-glia in c-Moll genannt; doch ist auch den Choral vorspielen der gebührende Rang einzuräumen. Der große Heiller-Anhang, darunter viel junges Publikum, geizte nicht mit Applaus.

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